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Brok: "Gesamtes Ukraine-Assoziierungsabkommen tritt in Kraft"

Natalia Sokolovska 16. September 2014

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok, erklärt, wie das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine umgesetzt wird.

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Elmar Brok, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament (Foto: dapd)
Bild: dapd

DW: Der politische Teil des Assoziierungsabkommens zwischen der Ukraine und der Europäischen Union tritt voraussichtlich im November dieses Jahres nach der Ratifikation im Europaparlament und im ukrainischen Parlament in Kraft. Doch der wirtschaftliche Teil - das Freihandelsabkommen - wurde auf Ende 2015 verlegt. Was bedeutet das für die Ukraine?

Elmar Brok: Es wird doch nichts verlegt. Ein Vertrag wird beschlossen, dessen Anwendung in bestimmten technischen Teilen asymmetrisch erfolgt. Beispielsweise bleibt die Zollfreiheit für ukrainische Produkte in der EU so, wie das schon bei der provisorischen Implementierung der Fall ist. Aber die Ukraine kann auf bestimmte Produkte weiter Zölle erheben. Die Implementierung erfolgt schrittweise, während das ganze Verfahren in Kraft tritt - und zwar ohne Einschränkungen und ohne Unterschiede.

Für viele Ukrainer war eine solche Entscheidung eine Überraschung. Warum wurde das gerade jetzt beschlossen?

Es war schon in Newport (während des NATO-Gipfels am 4.-5. September - Anm. d. Red.) die Rede davon. Dazu haben Gespräche stattgefunden. Wir haben auch beim EU-Gipfel im Juli angefangen, die Möglichkeit zu prüfen. Bei einer sofortigen vollen Implementierung kann beispielsweise die Marktkraft europäischer Unternehmen vielleicht Schaden in der ukrainischen Wirtschaft anrichten. Deswegen haben ukrainische Unternehmer im Rahmen des Transformationsprozesses Zeit, sich in bestimmten Bereichen auf die Wettbewerbsfähigkeit einzurichten.

Was muss jetzt in diesen 15 Monaten bis zur vollen Implementierung des Handelsabkommens in der Ukraine passieren?

Die Ukrainer müssen ihren Transformationsprozess wahren - beispielsweise ihre Steuer- und Zollgesetze einstellen. Wir tun ja auch etwas, damit der Transformationsprozess nicht verlangsamt wird. Aber gleichzeitig ist das von unserer Seite eine Hilfestellung, dass wir nicht darauf bestehen, dass sie sofort alles machen.

Ich will das mit einem Beispiel aus der Vergangenheit deutlich machen: Da die Sowjetunion 1991 zusammenbrach, waren die Planungen, dass die ostdeutsche Wirtschaft bis 1994-1995 bestimmte Waren noch an die Sowjetunion liefert, nicht mehr gegeben und das hat dazu geführt, dass die ostdeutsche Wirtschaft im Wettbewerbsprozess nicht standhielt und zusammenbrach. Und das kann durch dieses Verfahren mit der Ukraine jetzt nicht geschehen.

Für die Ukraine ist diese schrittweise Umsetzung also ein Vorteil?

Ja.

Welche Vorteile und Nachteile hat so ein Schritt für die EU?

Wir verzichten aufgrund dieser Situation in der Ukraine - durch Krieg und den russischen Einfluss - auf einen Teil der Vorteile, die wir hätten, und lassen sie erst später in Kraft treten. Die Ukrainer können weiterhin bestimmte Zölle erheben zum Schutz der eigenen Wirtschaft, während wir diese Zölle umgekehrt nicht erheben können.

Russland könnte in den nächsten Monaten noch weitere Einwände gegen das Assoziierungsabkommen äußern. Könnte dadurch der Vertrag geändert werden?

Nein, dieses Verfahren ist abgeschlossen. Und die Russen haben sich darauf eingelassen. Sie waren ja bei den Verhandlungen dabei. Es tritt alles in Kraft. Es wird nur schrittweise umgesetzt, wie das bei vielen Verträgen der Fall ist. Rechtlich gesehen wird der gesamte Vertrag in allen Details in Kraft gesetzt. Nur gibt es oft Übergangsregelungen. Das gehört zum normalen Geschäft.

Der deutsche Politiker Elmar Brok (CDU) ist seit 2012 Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten im Europäischen Parlament.