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Brittany Maynards angekündigter Tod

3. November 2014

In den USA ist eine unheilbar an Krebs erkrankte Frau freiwillig aus dem Leben geschieden. Was ihren Fall so besonders macht: Brittany Maynard war jung, lebensfroh und sie hat ihren Selbstmord lange vorher angekündigt.

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Brittany Maynard (Foto: picture alliance/AP)
Bild: picture alliance/AP Photo/Maynard Family

Seit dem Fall Brittany Maynard wird in den USA intensiv über das selbstbestimmte Sterben diskutiert. Die 29-Jährige hatte nach ihrer Krebsdiagnose verkündet, ein qualvolles Lebensende unbedingt vermeiden zu wollen. Im April hatten die Ärzte einen aggressiven, schnell wachsenden Gehirntumor bei Maynard diagnostiziert und ihr noch sechs Monate zu Leben gegeben.

Daraufhin zog sie mit ihrem Ehemann Dan Diaz nach Oregon, einem von fünf US-Bundesstaaten, in denen Ärzte schwer kranken Menschen mit geringer Lebenserwartung todbringende Mittel verschreiben dürfen. Anfang Oktober kündigte sie ihren Tod für den 1. November an. Um weniger Schmerzen leiden zu müssen, wolle sie mit Hilfe eines tödlichen Medikamentes aus dem Leben scheiden. Maynards Entscheidung, mit diesem angekündigten Suizid dafür zu kämpfen, dass todkranke Menschen selbst über ihr Ableben entscheiden können, hat die Debatte um aktive Sterbehilfe neu angefacht.

"Ein würdevolles Sterben macht weniger Angst"

In ihren letzten Lebenswochen stieß die junge Frau in den ganzen USA auf große Aufmerksamkeit mit ihrer Forderung nach einer grundsätzlichen Legalisierung ärztlicher Sterbehilfe. In einem Internetvideo sagte sie, es sei für sie eine große Beruhigung, dass sie die Arzneimittel habe, und nicht mehr der Tumor bestimme, wie und wann sie sterben werde. "Ich will nicht sterben, aber ich bin am Sterben", sagte Maynard dem Magazin "People". Der Tumor werde sie töten, und dieser Tod wäre schrecklich. Ein "würdevolles Sterben" im Beisein ihrer Familie mache ihr weniger Angst. Sie werde die ihr verschriebenen Kapseln öffnen, in Wasser auflösen und trinken. In einer letzten Nachricht auf Facebook schrieb die junge Amerikanerin: "Dieser schreckliche Gehirntumor hat mir so viel genommen - und hätte mir noch viel mehr genommen."

Der Sterbehilfeverband "Compassion and Choices" (Mitgefühl und Entscheidungsfreiheit), der Maynard begleitete, kritisierte immer wieder, in den USA werde das Sterben verdrängt. Maynard habe die Auseinandersetzung mit dem Tod "real" gemacht. Demgegenüber warnte der Palliativmediziner Ira Byock, legalisierte ärztliche Sterbehilfe, wie von "Compassion and Choices" und Maynard gefordert, helfe leidenden Menschen nicht wirklich. Man müsse vielmehr die Sterbebegleitung verbessern. Maynard sei "vom Appetit der Medien auf Sensationalismus" ausgebeutet worden. Der römisch-katholische Kardinal William Lori verurteilte Beihilfe zum Suizid, "ganz gleich, wie barmherzig sie erscheinen mag".

Kritik an aussichtslosen Therapien

Einig sind sich viele Befürworter und Gegner in der Kritik an der Behandlung Schwerstkranker in ihrer letzten Lebensphase: Todkranke müssten allzu oft schmerzhafte und aussichtslose Therapien über sich ergehen lassen. Das "Institut für Medizin" an der Nationalen Akademie der Wissenschaften beklagt eine zu geringe Zahl an Palliativärzten in den USA. Zudem seien die teuren Behandlungsmethoden für Krankenhäuser ein finanzieller Anreize. Palliativmediziner Byock bezeichnete die Behandlung todkranker Menschen in den USA als "nationale Schande".

rb/sc (afp, ap, dpa, epd)