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Brasiliens Sonnenenergie im Schatten der Windräder

Jan D. Walter28. August 2014

Brasilien braucht mehr Strom. Die Wasserkraft stößt an ihre Grenzen. Aber das Land will den erneuerbaren Energien treu bleiben. Der Solarstrom fristet dabei ein Schattendasein. Doch das könnte sich bald ändern.

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Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Fotograf: Jan Hosan JUWI Wind PV und Solaranlagen
Bild: JUWI

Von "Goldgräberstimmung" könne man noch nicht sprechen, aber die Branche komme in Gang, berichtet Markus Elsässer über die "Intersolar South America", die vom 26. bis 28. August im brasilianischen Wirtschaftszentrum São Paulo stattfindet. Elsässer ist Geschäftsführer der Solar Promotion International GmbH, die die Fachmesse für Solarenergie auf fünf Kontinenten organisiert.

Bisher fällt der Solarstrom im brasilianischen Strommix unter "Sonstige". Die installierte Kapazität bewegt sich in der Größenordnung von 40 Megawatt (MW); in Deutschland sind es weit über 30.000 MW.

Doch Brasilien gilt als einer der kommenden Solarmärkte. Traditionell nutzt das Land seine regenerativen Energiequellen stärker als alle anderen: Jahrelang lieferte die Wasserkraft mehr als 80 Prozent des elektrischen Stroms. Doch der Anteil sinkt, weil die Möglichkeiten zum weiteren Ausbau schwinden und die Kraftwerke wegen der gestiegenen Nachfrage in Dürreperioden an ihre Leistungsgrenzen stoßen.

Große Ausschreibungsrunde

Deshalb sucht die Regierung nach weiteren Energiequellen: Im Oktober will sie neue Lizenzen für die Stromproduktion aus anderen erneuerbaren Energien (Sonne, Wind und Biomasse) erteilen. Der genaue Umfang ist noch nicht bekannt. Die Branche rechnet aber mit einer zu installierenden Kapazität zwischen 500 und 1000 MW, die bis 2017 ans Netz gehen soll.

Zur Freude der Regierung zeichnet sich ein harter Wettbewerb ab: 1034 Projekte sind für die drei geplanten Versteigerungsrunden angemeldet. Insgesamt würden sie eine Kapazität von mehr als 26.000 Megawatt bereitstellen - also ein Vielfaches der zu vergebenden Lizenzen.

Schwierige Finanzierung

Deutsche Mittelständler könnten es bei dem Bieterverfahren schwer haben, fürchtet Stephan Lintker von der EnergieAgentur.NRW, weil den Zuschlag erhält, wer den niedrigsten Strompreis über die Laufzeit von 20 Jahren garantiert: "Auch bei der Photovoltaik erzeugen große Anlagen tendenziell preiswerteren Strom, deshalb haben große Konzerne bessere Chancen."

Vor allem die Finanzierung solcher Großprojekte ist in Brasilien schwierig: Die nationale Entwicklungsbank BNDES bietet zwar preiswerte Kredite. Aber sie macht die Vergabe von einem hohen Anteil brasilianischer Wertschöpfung abhängig. "Brasilianische Privatbanken bieten bisher keine wettbewerbsfähigen Konditionen", erklärt Rodrigo Lopes Sauaia, Geschäftsführer des brasilianischen Verbandes für Solarenergie ABSOLAR.

Erschwerend kommt hinzu, dass in Brasilien bisher keine Solarzellen gebaut werden. Doch wie auf die meisten Industrieprodukte erhebt Brasilien hohe Einfuhrzölle. Für eigene Produktionsanlagen sei der Markt bisher jedoch zu klein, sagt Messeveranstalter Elsässer.

Konkurrent Windkraft

Mit diesen oder ähnlichen Problemen hat auch die Windkraftbranche in Brasilien zu kämpfen. Sie ist der Solarenergie in Brasilien um einige Jahre voraus: Eine Kapazität von 4500 Megawatt ist bereits installiert. Die stetigen Winde im brasilianischen Nordosten gehören zu den zuverlässigsten und preiswertesten Stromlieferanten der Welt. Doch die Windräder entlang der Strände konkurrieren mit dem Wirtschaftsfaktor Tourismus. Außerdem leben 90 Prozent der Brasilianer an der Küste, die auch im Nordosten relativ durchgängig besiedelt ist. Die ersten Klagen gegen Windräder ließen nicht lange auf sich warten.

Infografik Sonneneinstrahlung in Brasilien (Quelle: Universität von Pernambuco)

Vorteil Sonne

Die besten Regionen für Solarstrom liegen im dünn oder gar nicht besiedelten Sertao, einer Trockensavanne vom Ausmaß Skandinaviens im Nordosten des Landes. Die tropische Sonne scheint dort im Schnitt sieben bis acht Stunden täglich. Bis zu 2400 Kilowattstunden Sonnenenergie brennen hier pro Jahr auf jeden Quadratmeter nieder - doppelt so viel wie in den sonnenreichsten Gegenden Deutschlands. Folgerichtig war es der nordöstliche Bundesstaat Pernambuco, der Ende 2013 als erste staatliche Institution ein reines Solar-Projekt ausschrieb. Nun rechnet sich die Branche offenbar auch bei den anstehenden Ausschreibungen im Oktober gute Chancen aus: 400 der 1034 angemeldeten Projekte wollen den Strom per Photovoltaik produzieren.

Kleine Anlagen

Doch auch abseits der großen Solarkraftwerke wird der Markt für Sonnenenergie interessanter, versichert Solar-Promoter Elsässer. Seit 2012 erlaubt die staatliche Energieagentur ANEEL privaten Erzeugern regenerativer Energie, überschüssigen Strom ins nationale Netz einzuspeisen. Den können sie mit dem Strom verrechnen, den sie beziehen, wenn die eigene Anlage - zum Beispiel bei Solaranlagen nachts - den Verbrauch nicht deckt. Gewinn darf man damit nicht erwirtschaften: Wer mehr einspeist als verbraucht, verschenkt also seine Kapazität.

Deshalb sollte die Leistungsfähigkeit der Anlage genau berechnet sein. "Hier ist die Photovoltaik der Windkraft klar überlegen, weil sie - beim Taschenrechner angefangen - in allen Größen funktioniert", sagt Elsässer. Entlegene Kommunen ohne Zugang zum Stromnetz seien daran ebenso interessiert wie innovative Unternehmen. Dies, glaubt auch Stephan Lintker von der Energieagentur.NRW, sei die große Stärke der deutschen Produzenten: "Kreative Lösungen für einen bestimmten Bedarf finden."