Brasilien: Mächtige Pressekonzerne und alternative Medien | Regionen | DW | 12.05.2014
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Regionen

Brasilien: Mächtige Pressekonzerne und alternative Medien

Wie unabhängig sind die Medien in Brasilien? Wie steht es um die Sicherheit von Journalisten? Hierzu diskutierten Medienexperten auf Einladung der DW Akademie und des ARD-Hauptstadtstudios.

V.l.n.r.: Helena Ferro de Gouveia, Projektmangerin der DW Akademie für Lateinamerika; Julia Jaroschewski, freie Journalistin und Bloggerin; Luciana Rangel, Deutschland-Korrespondentin Veja; Johannes Metzler, Moderation (Foto: Reiner Freese).

V.l.n.r.: Helena Ferro de Gouveia, Projektmangerin der DW Akademie für Lateinamerika; Julia Jaroschewski, freie Journalistin und Bloggerin; Luciana Rangel, Deutschland-Korrespondentin Veja; Johannes Metzler, Moderation

Während derzeit zahlreiche Korrespondenten für die WM-Berichterstattung nach Brasilien reisen, hat sich die brasilianische Journalistin Luciana Rangel entschieden, in Deutschland zu bleiben. "Ich bin keine Kriegsreporterin", sagte die Fernsehjournalistin während des Expertengespräches Medien International im voll besetzten ARD-Hauptstadtstudio. In den vergangenen Jahren habe sie sich als Journalistin in ihrer Heimat zunehmend unsicher gefühlt. "Ich bin bereits zwei Mal überfallen worden und wenn ich mit einem Kamerateam unterwegs war, musste ich oftmals Bodyguards mitnehmen." Daher lehnte die Korrespondentin des Nachrichtenmagazins "Veja" auch ein Angebot ab, für die WM aus Brasilien zu berichten.

Luciana Rangel und Julia Jaroschewski (v.r.n.l.) (Foto: Reiner Freese).

Luciana Rangel und Julia Jaroschewski (v.r.n.l.)

Als schwierig schätzt auch Julia Jaroschewski die Sicherheitslage für Journalisten in Brasilien ein. "Gefährlich ist es allerdings nur da, wo man sich nicht auskennt." Die freie Journalistin und Bloggerin berichtete bereits mehrfach aus Brasilien und lebte während ihrer Aufenthalte in einer Favela. "Ich selbst trage - anders als viele brasilianische Kollegen - keine Schutzweste." Wenn Journalisten derart aufträten, sei dies aus ihrer Sicht eher eine Provokation als ein Schutz. "Mir ist es wichtig, dass ich das Vertrauen der Menschen gewinne. Das gelingt mir nicht, wenn ich mich von ihnen abgrenze."

Proteste gegen Berichterstattung

"Mit Ausbruch der Demonstrationen 2013 hat sich das Bild der Medien in der Gesellschaft stark verändert. Erstmals haben sich die Menschen auch gegen die Journalisten gewendet", sagte Helena Ferro de Gouveia, Projektmanagerin für Lateinamerika der DW Akademie. Verantwortlich hierfür seien die Medien selbst, die es versäumt hätten, differenziert über die Demonstrationen zu berichten. "Die brasilianische Presse weiß häufig nicht, wovon sie redet und bedient viele Vorurteile. Deswegen rebellieren nun die Menschen auch gegen die großen Medienunternehmen."

Helena Ferro de Gouveia und Julia Jaroschewski (v.l.n.r.) (Foto: Reiner Freese).

Helena Ferro de Gouveia und Julia Jaroschewski (v.l.n.r.)

Laut Helena Ferro de Gouveia gebe es kaum unabhängigen Journalismus in Brasilien. "Die Medienlandschaft wird von zehn großen Familienunternehmen dominiert, die eine eigene Agenda haben. Hinzu kommen große Werbekunden, die sich eine positive Berichterstattung regelrecht erkaufen." Auch Luciana Rangel habe als Reporterin erfahren müssen, wie kritische Berichte nicht gesendet wurden. "Eine wirklich freie Berichterstattung gibt es nicht. Publiziert wird nur, was der Linie des Medienunternehmens oder der Politik entspricht."

Neue Meinungsvielfalt?

In diesem Zusammenhang machte Julia Jaroschewski auf die Bedeutung der Sozialen Medien aufmerksam. Sie habe insbesondere in den Favelas die Erfahrung gemacht, dass unabhängige Reporter Blogs, Facebook und Twitter dazu nutzen, um den Massenmedien eine alternative Berichterstattung entgegenzusetzen. "Durch die Sozialen Medien öffnet sich die brasilianische Medienlandschaft endlich. Im Netz gibt es andere Meinungen und Stimmen, die in den etablierten Medien bislang nicht zu Wort gekommen sind." Allerdings bräuchten diese Initiativen dringend Unterstützung von außen.

Die DW Akademie unterstützt daher gezielt lokale Medien im Norden und Nordosten des Landes. "Wir trainieren Journalisten darin, investigativ zu arbeiten und über Themen zu berichten, die in den großen Medien kaum Widerhall finden", sagte Ferro de Gouveia. Trotz der schwierigen Umstände würden die Lokaljournalisten große Unterstützung durch die Bevölkerung erfahren. Zwei Reportagen, die während eines Trainings der DW Akademie entstanden, sind kürzlich sogar mit einem der wichtigsten brasilianischen Journalistenpreise ausgezeichnet worden.

  • Datum 12.05.2014
  • Autorin/Autor Nadine Wojcik
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  • Permalink https://p.dw.com/p/1ByML
  • Datum 12.05.2014
  • Autorin/Autor Nadine Wojcik
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