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Brahimi warnt vor einem gescheiterten Staat

Mathias Bölinger28. Februar 2014

Der Syrien-Vermittler Lakhdar Brahimi kündigt in Berlin an, eine neue Verhandlungsrunde im Syrien-Konflikt starten zu wollen. Doch bis zu einem Abschluss könnte es sehr lange dauern.

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Joschka Fischer und Lakhdar Brahimi (Bild: dpa)
Lahdar Brahimi (rechts) mit Joschka FischerBild: picture-alliance/dpa

Ein gewisser Grundoptimismus ist wohl die Voraussetzung für diesen Job. Lakhdar Brahimi, der UN-Sondergesandte für Syrien, hat schon viele ausweglos scheinende Konflikte gesehen. Der Diplomat aus Algerien war Vermittler in Afghanistan, im Irak, im Kongo und in Liberia. Und einige Male war er derjenige, der am Ende die verfeindeten Parteien dazu bringen konnte, einen Waffenstillstand zu unterschreiben. Insofern ist es folgerichtig, wenn er jetzt sagt: "Jedes Problem ist lösbar. Auch das syrische." Er sagt das mit ruhiger, fester Stimme. Und doch steht dieser Satz etwas verloren da an diesem Abend.

"Wir hätten besser sein müssen"

Brahimi ist zu Besuch in Berlin und diskutierte am Donnerstag (27.02.2014) auf Einladung der Grünen Bundestagsfraktion mit dem deutschen Ex-Außenminister Joschka Fischer. Vor wenigen Wochen leitete er in Genf die Verhandlungen zwischen den syrischen Bürgerkriegsparteien, die am Ende ohne Ergebnis blieben. Brahimi entschuldigte sich dafür beim syrischen Volk, gerade so als sei das Problem gewesen, dass er sich einfach nicht genug bemüht habe. "Ich schäme mich, wenn ich in die Flüchtlingslager komme", sagt er auch jetzt in Berlin. "Wir hätten besser sein müssen." Dabei galt Beobachtern die Tatsache, dass er die Parteien überhaupt zusammenbringen konnte, schon als ein große Leistung. Denn die Situation ist mehr als verfahren.

Ban Ki-Moon in Genf 21.01.2014 Foto: Reuters
Friedenskonferenz in Genf: UN-Generalsekretär Ban Ki Moon lud den Iran wieder ausBild: Reuters

Brahimi warnt, der Konflikt drohe die ganze Region zu destabilisieren. Schon heute sei Syrien "die größte humanitäre Tragödie der Welt". Der Flüchtlingsstrom werde Ende des Jahres vier Millionen erreicht haben. Längst handle es sich nicht mehr um einen Bürgerkrieg im eigentlichen Sinne, nicht um eine Auseinandersetzung zwischen verfeindeten Gruppen innerhalb eines Landes, sondern um einen globalen Konfliktherd. Die Eindämmung dieses Konfliktherds werde immer schwieriger. "Der Staat Syrien wird jeden Tag weiter zerstört", sagt er. "Und die Gefahr ist nicht, dass Syrien in eine Reihe von kleineren Staaten zerfällt, sondern dass es ein riesiges Somalia wird."

"Es geht um unsere Sicherheit"

Auch Joschka Fischer, der Brahimi gut aus seiner Zeit als Außenminister kennt, sieht den Konflikt als globale Krise. "Wir müssen verstehen, dass es hier um unsere Sicherheit geht", sagt er und meint damit nicht nur, dass der Konflikt immer mehr Dschihadisten auch aus Deutschland anzieht. In Syrien treffen auch verschiedene globale Rivalitäten aufeinander: der Gegensatz zwischen dem Westen und Russland, der "regionale kalte Krieg", so drückt er sich aus, zwischen Iran und Saudi-Arabien und der Atomstreit zwischen Teheran und Washington. Ein Kompromiss könne nur gelingen, wenn alle beteiligten Parteien in die Gespräche einbezogen würden. Es sei ein Fehler gewesen, Iran von den Verhandlungen auszuschließen, sagt er. Brahimi mag da nicht einmal wiedersprechen. "Sie können es überall nachlesen, ich war immer dafür, die Iraner einzuladen", sagt er. "Doch dann wäre die syrische Opposition nicht gekommen."

Syrien Friedenskonferenz 22.01.2014 Montreux
Große Runde: Vertreter aus rund 40 Ländern waren bei der Friedenskonferenz anwesendBild: picture-alliance/AA

Mit dem Ende der Verhandlungen will sich Brahimi jedenfalls nicht abfinden. "Die Gespräche sind nicht gescheitert", beharrt er. "Sie stecken nur fest." Er kündigt an, sofort damit zu beginnen, die Chancen für eine neue Verhandlungsrunde auszuloten. Am kommenden Sonntag werde er sich mit dem UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon besprechen, am Montag treffe er den russischen Außenminister Sergej Lawrow. Es gebe keine Alternative dazu, "gegen alle Wahrscheinlichkeit zu hoffen, dass etwas getan werden kann, um diesen Krieg zu beenden", sagt er. Dass das Prinzip Hoffnung dabei möglicherweise noch sehr lange als Motivation herhalten werden muss, gibt er ziemlich unumwunden zu. "Die Tragödie ist", sagt Brahimi, "dass alle Parteien immer noch glauben, sie könnten militärisch gewinnen."