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"Noch viel zu tun"

Bahri Cani28. März 2013

Aus dem Kosovo soll ein Rechtsstaat mit einer funktionierenden Polizei werden. Das ist das Ziel der EULEX-Mission der EU. Deren neuer Leiter, Bernd Borchardt, erläutert im DW-Interview, welche Fortschritte es gibt.

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Bernd Borchardt, Leiter der Eulex Mission in Kosovo. Foto: Bahri Cani (DW)
Bild: DW/B. Cani

DW: Herr Borchardt, seit Anfang Februar leiten Sie die EULEX-Mission im Kosovo. Sind Sie zufrieden mit dem, was Sie bisher erreicht haben?

Bernd Borchardt: Auf der einen Seite ist natürlich richtig, dass wir hier mit Erwartungen konfrontiert sind, die weiter gehen als das, was wir tatsächlich leisten können. Manchmal ist die öffentliche Wahrnehmung kritischer als die Realität. Als ich hier ankam, habe ich gemerkt, wie viel hier geleistet worden ist, und das hat mich doch beeindruckt: 330 Gerichtsurteile mit Beteiligung von EULEX, davon Korruptionsurteile gegen hochrangige Vertreter dieses Landes. Und zurzeit laufen Verfahren gegen zwei ehemalige Minister - Fatmir Limaj und Bujar Bukoshi.

Als ich hier ankam, fing im Nord-Kosovo eine massive Welle von Bombenanschlägen an. Daraufhin haben unsere Polizisten dort eine Aktion auf die Beine gestellt mit Patrouillen und mit mobilen Checkpoints. Wir bewegen hier also etwas. Und meine Kollegen haben nicht nur in der Vergangenheit viel geleistet, sondern leisten auch weiter sehr viel.

Die Zusammenarbeit zwischen EULEX und der Kosovo-Regierung war nicht immer die beste. Wie sehen Sie diese Zusammenarbeit und was ist ihr Ziel?

Als ich hierhin gekommen bin, habe ich öffentlich gesagt, dass ich hier als Partner bin, dass die Mission hier in einer Partnerschaft steht, und dass diese Partnerschaft Verantwortung für beide Seiten mit sich bringt. Wir versuchen hinter dieser Partnerschaft und hinter dieser Verantwortung zu stehen. Meine bisherigen Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den kosovarischen Behörden sind durchaus gut. Ich sehe keine Probleme. Manches läuft allerdings etwas langsamer als ich mir das erwarten beziehungsweise erhoffen würde.

Sind Sie zufrieden mit der Unterstützung, die Sie aus Brüssel bekommen? Innerhalb der EU gibt es ja auch Unstimmigkeiten, wenn es ums Kosovo geht.

Ja, ich weiß natürlich, es gibt fünf Staaten (Spanien, Griechenland, Slowakei, Rumänien und Zypern), die Kosovo nicht anerkannt haben. Aber auch diese fünf Staaten wollen, dass die Rechtsstaatlichkeit im Kosovo verbessert wird. So gesehen sehe ich da keine unüberwindbaren Probleme.

Eines der größten Probleme im Kosovo ist die Korruption. Wie kann man das in den Griff bekommen?

Wir haben hier eine Sonderstaatsanwaltschaft, die vor allem für Fälle von organisierter Kriminalität und hochrangiger Korruption zuständig ist. Da haben wir inzwischen 37 Verurteilungen, unter anderem eine ganze Reihe von hochrangigen Personen einschließlich des ehemaligen Sprechers des Parlamentes. Darunter ist sogar auch ein ehemaliger Staatsanwalt aus dieser Sonderstaatsanwaltschaft, der für Anti-Korruptionsarbeit zuständig war. All diese Leute sind verurteilt. Und es laufen gerade in Sachen Anti-Korruption Strafverfahren gegen zwei Minister, die ich eben erwähnte. Korruption gibt es wahrscheinlich in jedem Land der Welt, das heißt, es ist sehr schwierig, auch letzte Nester von Korruption zu säubern. Aber es geht hier darum, Fortschritte zu machen, Schuldige zu bestrafen, in dem Bereich haben wir etwas vorzuweisen. Und da wollen wir noch mehr machen.

Wie lange braucht das Kosovo EULEX eigentlich? Es gibt immer wieder Aufrufe "EULEX raus"“, es gibt andererseits Leute, die behaupten, EULEX muss etwas länger im Kosovo bleiben wegen der Verbindung von Korruption und Politik im Land, so wie Sie es eben erwähnt haben.

Unser gegenwärtiges Mandat läuft bis zum Juni nächsten Jahres. Wie es dann weiter geht, ob es dann weiter geht, in welcher Form es dann weiter geht, mit welchem Mandat es dann weiter geht, das müssen wir in dem Dreieck unserer eigenen Analyse, dem Gespräch mit den Mitgliedsstaaten der EU und der Regierung von Kosovo definieren. Die Bereitschaft der Mitgliedsstaaten hier eine Mission weiterhin zu erhalten, ist vorhanden. Wie diese Mission aussehen soll, das ist noch nicht definiert.

Und wie ist Ihre persönliche Meinung?

Ich glaube, dass das Kosovo im Norden die Unterstützung einer internationalen Mission sicherlich auch nach dem nächsten Sommer noch brauchen wird. Einige andere Gerichtsverfahren werden dann noch laufen und es wäre sicherlich sinnvoll, wenn das so weiter geht. Zu einigen Bereichen habe ich bereits eine Meinung, aber es ist nicht sinnvoll, diese jetzt öffentlich zu machen, weil ich die auch erst mit den Regierungen und den Mitgliedsstaaten besprechen muss.

Der deutsche Diplomat Bernd Borchardt (58) ist seit Anfang Februar EULEX-Leiter im Kosovo, der Polizei- und Justizmission der EU. Ihre Aufgabe ist es, im Kosovo dabei zu helfen, den Rechtsstaat, eine funktionierende Polizei sowie den Zoll aufzubauen. Im Rahmen der Mission sind etwa 2000 Beamte aus den EU-Ländern ins Kosovo entsandt, sie werden von rund 1000 Ortskräften unterstützt.