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Die Macht der US-Justiz

Hilke Fischer1. Juli 2014

Die USA statuieren mit der Strafe gegen die BNP Paribas ein Exempel und beweisen erneut ihre Macht, Recht über internationale Konzerne zu sprechen. Europas Banken bangen um ihre Eigenkapitalreserven.

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BNP Paribas Logo Foto: REUTERS/Charles Platiau
Bild: Reuters

Es ist die höchste Strafe, die jemals gegen ein ausländisches Kreditinstitut in den USA verhängt wurde: 8,8 Milliarden Dollar soll die BNP Paribas zahlen. Die Rücklagen, die die Bank für solche Fälle gebildet hat, belaufen sich auf gerade einmal ein Achtel dieser Summe und 2013 betrug der Gesamtgewinn der Bank unterm Strich 4,8 Milliarden Dollar - man muss kein Mathematiker sein, um zu merken, dass die Strafe der Bank schwer zu schaffen machen wird. "Man wird davon ausgehen können, dass die Dividende erheblich geringer ausfällt oder sogar ganz gekürzt wird", sagt Thomas Hartmann-Wendels, Direktor des Instituts für Bankwirtschaft und Bankrecht an der Universität Köln. Die Bank versucht unterdessen, Spekulationen entgegenzuwirken und bekräftigte, dass die im laufenden Jahr 1,50 Euro je Aktie ausschütten möchte - damit bliebe die Dividende unverändert. Trotzdem bleibt die Strafe ein schwerer Schlag: Zusätzlich zu der Geldstrafe darf die französische Großbank ab dem 1. Januar 2015 ein Jahr lang bestimmte Geschäfte nicht mehr in Dollar abwickeln - das betrifft vor allem die Bereiche Öl und Gas.

Die US-Behörden werfen der BNP Paribas vor, mit einem ausgeklügelten Betrugssystem jahrelang Milliardengeschäfte mit von den USA sanktionierten Ländern geführt und vertuscht zu haben, allen voran der Sudan, aber auch Kuba und Iran. Möglich macht die Ahndung dieses Vergehens der sogenannte "International Emergency Economic Powers Act": Er erlaubt es dem US-Präsenten, im nationalen Interesse den Handel mit bestimmten Ländern zu unterbinden.

US-Finanzminister Eric Holdon Foto: REUTERS/Joshua Roberts
US-Finanzminister Eric HoldonBild: Reuters

Ohne Amerika geht es nicht

Die USA haben ein starkes Druckmittel in der Hand: Kaum ein Konzern kann es sich leisten, vom amerikanischen Markt ausgeschlossen zu werden oder keine Transaktionen mehr über die Wall Street abwickeln zu dürfen. So bangte die BNP Paribas zunächst auch darum, ihre amerikanische Banklizenz behalten zu können - ohne sie hätte sie keinen Zugang zu amerikanischen Notenbanken mehr.

Mehr als 80 Prozent des Welthandels werden in US-Dollar abgewickelt und so sehen sich ausländische Firmen immer wieder Ermittlungen der US-Behörden ausgesetzt - selbst wenn das Vergehen nicht einmal in den Vereinigten Staaten begangen wird. So musste etwa Siemens 600 Millionen Euro zahlen, weil das Unternehmen Regierungsmitarbeiter verschiedener Länder bestochen hatte, um Aufträge für U-Bahnen oder Mobilfunksysteme zu bekommen. Auch Daimler und die Deutsche Telekom mussten sich bereits vor den US-Behörden verantworten.

Ein Monteur in einer Siemensfabrik Foto: Siemens
Siemens musste zahlen, weil das Unternehmen fremde Regierungen bestach - und damit gegen den "Foreign Corrupt Practices Act" der USA verstießBild: Siemens AG

"Bei den Vereinigten Staaten zeigt sich die Tendenz, die eigenen Rechtsvorstellungen sehr aggressiv und fast missionarisch in die Welt hinauszutragen", sagt Siegfried Elsing, Anwalt und Professor für internationales Recht an der Universität Düsseldorf. Durch ihre wirtschaftliche und politische Hegemonialmacht fiele es ihnen leichter als anderen Staaten, ausländische Firmen, die gegen geltendes US-Recht verstoßen, in die Pflicht zu nehmen. "Als global tätige Bank kann man die Vereinigten Staaten nicht ausschließen. Deshalb arrangiert man sich."

"Ein starkes Signal"

Wegen des Vorwurfs, US-Sanktionen missachtet zu haben, mussten bereits andere europäische Banken, etwa die schweizer Credit Suisse, die Royal Bank of Scotland oder die britische Bank Standard Chartered, Strafgelder zahlen. Diese lagen allesamt im dreistelligen Millionenbereich - Beträge, die die Banken relativ gut wegstecken konnten. Im Fall BNP Paribas wollen die USA nun offenbar ein Exempel statuieren: "Das sollte ein starkes Signal an alle Institutionen senden, die Geschäft in den USA machen: Illegales Verhalten wird nicht geduldet", erklärte US-Finanzmister Eric Holdon. BPN Paribas hat dem Justizministerium zufolge von 2004 bis 2012 Gelder sanktionierter Staaten im Umfang von mehr als 8,8 Milliarden Dollar durch das US-Finanzsystem geschleust. Diese Summe schöpft die Justiz nun ab - plus einer Strafe von 140 Millionen Dollar.

Auch anderen europäischen Geldinstituten drohen Strafzahlungen, etwa der Deutschen Bank. Sie steht ebenfalls im Verdacht, US-Sanktionen gegen den Sudan, Iran und Syrien verletzt zu haben. Auch Italiens größte Bank Unicredit und Frankreichs zweitgrößte Bank Credit Agricole befürchten nun höhere Strafen als ursprünglich erwartet.

Deutsche Bank Zentrale in Frankfurt am Main Foto: DANIEL ROLAND/AFP/Getty Images
Auch der Deutschen Bank drohen hohe StrafzahlungenBild: Daniel Roland/AFP/Getty Images

Gerade vor dem Hintergrund der noch nicht vollständig ausgestandenen Finanzkrise, die zahlreiche Banken nur mit Hilfe milliardenschwerer staatlicher Hilfen überstanden haben, sorgt das für Bauchschmerzen: Damit sich eine derartige Krise nicht wiederholt, müssen die Institute in einem aktuell laufenden Stresstest von Europäischer Zentralbank (EZB) und europäischer Bankenaufsichtsbehörde (EBA) beweisen, dass sie auch im schlimmsten Szenario noch auf eine harte Eigenkapitalquote von 5,5 Prozent kommen. Die BNP Paribas hatte Ende 2013 ein Eigenkapital von rund 90 Milliarden Euro - ein Zwölftel davon geht nun als Strafzahlung an die USA. "Diese Beträge kommen für die Banken sicherlich zur Unzeit", sagt Bankenexperte Hartmann-Wendels. "Die Banken sind zur Zeit sehr stark bemüht, ihr Eigenkapital zu stärken und da wird jeder Euro dringend benötigt."