1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Blix-Krieg

Eckhard Tollkühn12. Juni 2003

Wenige Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit hat der Chef-Waffeninspekteur der Vereinten Nationen, Hans Blix, mit seinen Feinden in Washington abgerechnet. Ein Rückblick von DW-TV-Korrespondent Eckhard Tollkühn.

https://p.dw.com/p/3k7a

Es ist nicht der erste Ruhestand, in den der 75-jährige schwedische Diplomat jetzt geht. Er war gerade auf einer Wanderung in Patagonien, als er im vergangenen Herbst einen Anruf von Kofi Annan erhielt, er möge doch bitte im Irak nach Waffen suchen, um so einen Krieg zu verhindern. Er sagte zu.

Er tat es aus einem inneren Pflichtgefühl heraus, wohl wissend, dass da wohl eine der undankbarsten Aufgaben der Welt auf ihn zukommen würde. Sehr schnell merkte er, dass er und sein Team selbst bei bestem Willen es niemandem Recht machen konnte. Was ihn im Nachhinein am meisten erschütterte, war, wie persönlich die Anfeindungen von allen Seiten werden würden. Drei Wochen vor seinem Abtritt zeigte der sanfte Schwede in mehreren Abschiedsinterviews seine Zähne.

Undiplomatische Wortwahl

Bastarde nannte der sonst so zurückhaltende Diplomat einige seiner Gegner. Sie hätten verleumderische Geschichten über ihn gestreut, und zwar auf beiden Seiten. Die Iraker schimpften ihn zum Beispiel einen Homosexuellen, was für ihn und seine Frau ziemlich überraschend kam, meinte Blix schmunzelnd. Die New Yorker Boulevardpresse spottete, der Hobbykoch Blix inspiziere lieber die eleganten Restaurants der East Side als irakische Waffenarsenale. Am schlimmsten aber war für ihn jedoch, wenn ihn amerikanische Regierungsbeamte als "Weichei" beschimpften.

Aber die Seitenhiebe hätten ihn nicht verbittert, sagte Hans Blix. Sie seien wie Mückenstiche am Abend gewesen, die zwar auch am Morgen danach noch lästig seien. Mehr nicht.

Ungleiche Partner

Dass der scheidende Chefinspekteur mit der Bush-Administration nicht konnte, hatte mehrere Gründe. Es war nicht gerade ein Gütesiegel in deren Augen, dass Blix ursprünglich von Bill Clinton ernannt wurde. Blix war ihnen zu intellektuell zu gentlemen-like, zwei Charaktereigenschaften, die in dieser Regierung eher verpönt sind. Grobschlächtig, direkt, machtvoll, das sind Merkmale, die im Washington des 21. Jahrhunderts ankommen. Merkmale, die dem Gentleman aus Schweden nun weiß gar nicht zu eigen sind. Erschwerend kam hinzu, dass Hans Blix für eine Organisation arbeitete, die so mancher konservative Republikaner als so notwendig erachtet, wie ein Loch im Kopf.

Hans Blix’ größte Enttäuschung ist, dass sich der Konflikt nicht friedlich lösen ließ. Und seine große Sorge ist, dass die USA künftige Präventiv–Schläge auf mangelhafte Geheimdienstunterlagen stützen. Blix bestreitet nicht, dass es im Irak Massenvernichtungswaffen gibt. Er habe nur keine gefunden. Und andere offenbar bisher auch nicht.