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Biodiversität heute für morgen

Irene Quaile16. September 2014

Bienen, Bohnen, Biodiversität - Bonn. Die ehemalige deutsche Hauptstadt glänzt in ihrer Rolle als UN-Stadt und Umweltzentrum mit einer internationalen Konferenz zum Thema Biodiversität.

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Bild: Irene Quaile

Anne Larigauderie steht von ihrem schreibtisch im UN-Hochhaus auf. Das Büro auf der zehnten Etage bietet einen weiten Bick über den Rhein, das grüne Siebengebirge und die Stadt Bonn. Bis vor fünfzehn Jahren konnten hier deutsche Bundestagabgeordnete den Ausblick genießen. Dann zogen Regierung und Parlament nach Berlin und die UN kam nach Bonn.

Die Stadt ist so zu ihrer zweiten Heimat geworden. Die französische Ökologin ist Exekutivsekretär von IPBES, der 'Intergovernmental Platform for Biodiversity and Ecosystem Services'. Das Sekretariat der Organisation wurde in diesem Sommer in Bonn eröffnet. Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich so etwas wie der Weltklimarat - aber für Biodiversität, erklärt Larigauderie. Die Organisation sammelt wissenschaftiche Erkenntnisse zum Thema Artenvielfalt und macht sie den Politikern zugänglich, die in der Lage sein sollten, die Biodiversität durch Gesetzgebung zu schützen.

Will die Artenvielfalt schützen: Larigauderie
Will die Artenvielfalt schützen: LarigauderieBild: IPBES

Optionen für die Zukunft

Larigauderie bereitet sich gerade auf eine dreitägige Konferenz vor, die 250 internationale Wissenschaftler und Experten in Bonn versammeln wird. Ihre Botschaft an sie ist einfach:

"Die Biodiversität ist unsere Zukunft. Sie beinhaltet Lösungen für viele Probleme, vor denen wir jetzt schon stehen, oder bald stehen werden. Deshalb müssen wir unsere Artenvielfalt schützen. Damit erhalten wir Möglichkeiten für die Zukunft."

Auch ein Beispiel hat sie parat: "Die Biodiversität hilft uns Nahrungsmittelpflanzen zu finden, die uns bei der Anpassung an den Klimawandel helfen werden. Viele unserer Pflanzen haben jetzt schon Probleme, Hitzewellen zu überstehen," sagt die Ökologin.

Die genetische Vielfalt unserer Nahrungsmittel hat auch ihren eigenen Anwalt, und zwar im Welttreuhandfonds für Nutzpflanzen oder Global Crop Diversity Trust. Die Organisation wurde durch den Saatguttresor auf der arktischen Insel Spitzbergen weltberühmt. Ihr neues Hauptquartier befindet sich aber, wie eine zunehmende Zahl von anderen wichtigen Organisationen in diesem Bereich, ebenfalls auf dem UN-Campus in Bonn. Aus der ehemaligen Bundeshauptstadt ist eine Umwelt- und UN-Hauptstadt geworden.

Auf Spitzbergen lagert Saatgut für die Zukunft
Auf Spitzbergen lagert Saatgut für die ZukunftBild: GCDT

Hauptstadt der Biodiversität

Bonn ist ein idealer Standort für diese Organisationen, sagt Larigauderie. Die Stadt sei reich an wissenschaftlicher Expertise aber auch an UN- und anderen Organisationen, die die Aufgabe haben, wissenschaftliche Erkentnisse in politische Praxis umzusetzen.

Die Ansiedlung des Biodiversitätssekretariats habe politische Unterstützung auf der höchsten Ebene erhalten. Bundeskanzlerin Merkel habe sich persönlich für den Standort Bonn eingesetzt und die größtmögliche Unterstützung für die neue Organisation zugesichert. "Deutschland hat wirklich das Interesse - und den dazugehörigen politischen und finanziellen Willen", sagt Larigauderie.

Die Konferenz zum Thema "Biodiversität Heute für Morgen" wurde vom neuen Netzwerk BION organisiert. Die Gruppe, die von dem Bonner Biologen Walter Erdelen mit Unterstützung des Bundesamts für Naturschutz initiiert wurde, verbindet eine Vielzahl von Organisationen der Bonner Region, die sich mit Artenvielfalt beschäftigen.

Bonn Skyline UN-Campus Langer Eugen, Post Tower, World Conference Center
Bonn git als Zentrum der BiodiversitätsforschungBild: imago

“Es muss uns gelingen, den Erhalt der Biodiversität, unsere menschliche Entwicklung und den gesellschaftlichen Fortschritt mittel- und langfristig in Einklang zu bringen", sagt Professor Maximilian Weigend, Direktor des Botanischen Gartens Bonn und Sprecher des Netzwerks im Vorfeld der Konferenz.

Ein sparsamer Umgang mit den Gaben der Natur

In der heutigen Welt sei die Artenvielfalt durch zwei Hauptfaktoren gefährdet, ergänzt IPBES-Expertin Larigauderie: die Überfischung der Meere und den nicht nachhaltigen Verbrauch von Landflächen für industrielle und andere Zwecke. Dazu kämen Umweltverschmutzung, die Verbreitung invasiver Arten und der Klimawandel.

Unter den internationalen Referenten befindet sich Alberto Acosta, ein Wirtschaftsexperte aus Ecuador. "Wir müssen unsere Wirtschaftsmodelle umdenken", sagt er, "um diese unnachhaltige Ausbeutung der Natur zu beenden". Auch Larigauderie sieht die Notwendigkeit, Geschäftsmodelle zu reformieren ohne dabei "ins Steinzeitalter" zurückzukehren. "Wir müssen sorgfältiger mit der Welt umgehen. Es gibt viel, was wir machen können, um das Problem des Biodiversitätsverlusts - und gleichzeitig andere Probleme, wie den Klimawandel - anzugehen: Recycling, Müllvermeidung, zum Beispiel," sagt sie.

Ein bescheidenerer Lebensstil vor allem in den reichen Industrieländern könnte helfen, die Bedürfnisse einer wachsenden Weltbevölkerung zu stillen, ohne die Biodiversität zu gefährden. Weniger Fleisch essen, öffentliche Verkehrmittel oder das Fahrrad nutzen nennt sie as Möglichkeiten, um unseren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern.

"Das machten viel mehr Menschen hier in Bonn als in vielen anderen Städten", meint die IPBES-Expertin. Allerdings, schmunzelt sie, führen noch sehr viele große Autos durch die Innenstadt. Gehen wir davon aus, dass wir sie nicht auf dem Parkplatz vor der BION-Konferenz sehen werden.