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Biodiesel-Boom bedroht Indonesiens Natur

23. Februar 2011

Die Nachfrage nach Biodiesel wächst weltweit. Indonesien profitiert von dem Boom. Doch die Palmölproduktion vernichtet den Regenwald, schadet dem Klima und raubt Kleinbauern die Lebensgrundlage.

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Eine Palmölplantage in Aceh (Foto: DW)
Eine Palmölplantage in AcehBild: Vidi Athena Dewi Legowo

Der Markt für Biodiesel boomt. In Zeiten von steigenden Ölpreisen ist das Produkt aus Palmöl eine verlockende Alternative, die außerdem noch umweltverträglich erscheint. Indonesien, größter Palmölproduzent der Welt, profitiert von der wachsenden Nachfrage: sie bringt Devisen, ausländisches Know-How und Arbeitsplätze ins Land. Doch der Preis ist hoch: Millionen Hektar tropischer Regenwald sind den rieseigen Palmölplantagen schon zum Opfer gefallen, ein Verlust zu Lasten der Umwelt, des Klimas und der Menschen vor Ort.

Eddy Pratomo, indonesischer Botschafter in Deutschland, zu Gast im DW-Studio (Foto: DW)
Eddy Pratomo, indonesischer Botschafter in Deutschland, zu Gast im DW-StudioBild: DW

Wachstumschancen auf globalen Märkten

Der Palmölanbau bietet Indonesien die Chance, als Lieferant von Biotreibstoffen internationale Märkte zu erschließen. Niedrige Lohnkosten und große Anbauflächen ziehen eine wachsende Zahl ausländischer Investoren in sein Heimatland. "Indonesien betrachtet die wachsende Nachfrage nach Bio-Treibstoff als sehr positiv", freut sich der indonesische Botschafter in Deutschland, Eddy Pratomo. "Wir versuchen, unsere Politik dieser Entwicklung anzupassen."

In den vergangenen Jahren ist die Anbaufläche von Palmöl immer weiter ausgedehnt worden: Vor rund 15 Jahren wurde etwa eine halbe Million Hektar Land für Palmölplantagen gerodet, heute sind es mehr als neun Millionen Hektar. Die Kehrseite der Medaille: Millionen Hektar tropischer Regenwald wurden vernichtet. Viele der abgeholzten Flächen sind nicht mehr nutzbar, weil sie nicht aufgeforstet wurden.

Staude einer Ölpalme (Foto: AP)
Staude einer ÖlpalmeBild: cc

Regenwald vernichtet, Menschen vertrieben

Drei deutsche Umwelt- und Hilfsorganisationen haben die Auswirkungen des Palmöl-Booms auf Indonesiens Regenwald untersucht. Eine der Autoren der Studie "Palmöl – Boom mit verheerenden Folgen" ist Carolin Callenius von der deutschen Hilfsorganisation "Brot für die Welt". Der Regenwald sei die Lebensgrundlage von Millionen Menschen in Indonesien, erklärt sie: "Wenn große Plantagen angelegt werden, werden diese Menschen in ihren ganzen Lebensumständen gestört. Sie werden zusammengedrängt, verlieren ihr Land, verlieren ihren Wald, und in einer Situation, wo es ohnehin schon Menschenrechtsverletzungen gibt, werden sie noch weiter entrechtet."

Landnahme und Vertreibung hat in verschiedenen Regionen Indonesiens bereits zu gewalttätigen Konflikten zwischen Kleinbauern oder Ureinwohnern mit den Sicherheitskräften geführt.

Vergünstigungen für die Industrie

Menschen halten große Plakate mit Baum-Motiven (Foto: AP)
Proteste gegen Waldrodungen in der indonesischen Hauptstadt JakartaBild: AP

Die Regierung erließ vor zwei Jahren ein Gesetz, das den Schutz des Regenwalds vorsieht und die Rodungen kontrolliert. Doch in der Praxis werde es nicht umgesetzt, klagt Berry Furqon, Direktor des indonesischen Umweltforums "WALHI." "Einige Firmen betreiben immer noch Waldrodung. Erst vor kurzem fanden wir solche Fälle in Zentral-Kalimantan." Die Firmen brauchten neue Anbaufläche für Palmölplantagen und rodeten den Wald, obwohl dies gesetzlich verboten ist. "Wenn es um multinationale Firmen geht, drücken die Behörden oft beide Augen zu", so Furqon. "Es gibt gegen diese Firmen keinerlei Sanktionen."

Diese Praxis der Regierung habe System, fügt Marianne Klute von der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation "Watch Indonesia" hinzu. Denn Palmöl sei ein wichtiger Faktor im Wirtschaftswachstum: "Daher tut die Regierung auch alles, um die Anlage von Palmölplantagen zu erleichtern. Es gibt eine ganze Menge von neuen Gesetzen, Investitionserleichterungen, die extra geschaffen wurden, um diese Industrie zu fördern."

Klima- und Ressourcenschutz umsetzen

Hand mit Zapfhahn an einer Tankstelle (Foto: picture alliance / dpa)
Auch an deutschen Zapfzäulen fließt der BiospritBild: picture alliance/dpa

Bei der Abholzung der Wälder und der Trockenlegung ihrer Torfböden wird klimaschädigendes Kohlendioxid freigesetzt. Indonesien ist inzwischen nach China und den USA der drittgrößte Treibhausgas-Emittent der Welt. Vor diesem Hintergrund hat sich Indonesien dem UN-Waldschutzprogramm REDD angeschlossen. REDD steht für "Reducing Emissons from Deforestation and Degradation" – Minderung der Emissionen aus Brandrodung und Waldzerstörung. Indonesien will als Pionier dieses Programms die Kohlendioxid-Emissionen deutlich reduzieren und den Menschen, die in und von den Wäldern leben, eine Lebensgrundlage ermöglichen, ohne dass sie den Wald dafür opfern müssen.

Nun sei es an der Regierung, die eigentlich guten und sinnvollen Absichtserklärungen auch umzusetzen, betont Carolin Callenius und spricht damit ganz im Sinne vieler indonesischer Nichtregierungs-Organisationen. Die Studie "Palmöl – Boom mit verheerenden Folgen" prognostiziert, dass die Wälder bis in den kommenden zehn Jahren um weitere 15 Prozent schrumpfen werden. Neben westlichen Ländern, darunter die Mitglieder der Europäischen Union, seien es vor allem China und Indien, die in Zukunft verstärkt auf Biodiesel setzen werden. Sie alle müssen Verantwortung übernehmen für einen sinnvollen und nachhaltigen Anbau von Palmöl und den Schutz des wertvollen Ökosystems Regenwald.

Autorin: Ana Lehmann
Redaktion: Sybille Golte-Schröder