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Bio-Limonade für soziale Projekte

Janine Albrecht7. Januar 2013

Mit dem Verkauf von Getränken unterstützt die Firma LemonAid weltweit Kleinbauern und soziale Projekte. Die Erfolgsgeschichte begann in einer WG-Küche in Hamburg.

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Drei Flaschen LemonAid (Foto: Johann Cohrs)
Bild: Johann Cohrs

"Trinken hilft" steht in weißen Großbuchstaben auf dem grünen Kapuzenpulli. Sein Träger, Paul Bethke, sitzt an einem großen weißen Tisch im Besprechungsraum der LemonAid Beverage GmbH. Mit dem Schriftzug auf seinem Sweatshirt ist deren Konzept schlicht erklärt: Wer Getränke des kleinen Hamburger Unternehmens kauft, hilft anderen Menschen. "Pro Flasche gehen fünf Cent an soziale Projekte", sagt Bethke. Das brachte im vergangenen Jahr 165.000 Euro ein.

Der 32-Jährige hat die Firma vor fast fünf Jahren gemeinsam mit zwei Freunden gegründet. Heute vertreiben die Jungunternehmer in ganz Deutschland sowie Teilen von Österreich und der Schweiz Limonaden aus Fruchtsaft und verschiedene Eisteesorten. Alle Zutaten stammen aus biologischem Anbau und wurden fair gehandelt.

"Am Anfang haben wir alle für uns interessanten Länder abgeklappert und viele Kooperativen angeschaut, bevor wir uns für eine Zusammenarbeit entschieden haben", sagt Bethke.

Eine Kiste mit Limetten für die Firma LemonAid(Foto: DW/Albrecht)
Zutaten aus biologischem Anbau: Limetten für LemonAidBild: DW/Janine Albrecht

In Brasilien sei es besonders schwierig gewesen, nachhaltig bewirtschaftete Betriebe von Kleinbauern zu finden. Dort sind vor allem die großen Player der weltweiten Agrarwirtschaft anzutreffen. Riesige Monokulturen beherrschen die Landschaft. Anders in Indien, das von kleinbäuerlichen Strukturen geprägt ist: "Wir mussten Bauern finden, die bereits nachhaltig arbeiten“, sagt Bethke. Denn die Umstellung von konventioneller auf biologische Landwirtschaft zu unterstützen, ist teuer und dauert mehrere Jahre.

WG-Küche als Limonaden-Labor

Die Biolimonade aus Hamburg ist zunehmend gefragt. Es gibt mittlerweile Anfragen aus Stockholm, Hongkong, New York und Paris. Bethke sieht darin eine Bestätigung dafür, dass sie offensichtlich das richtige Produkt für ihre Idee ausgesucht haben. "Getränke haben etwas Kommunikatives", sagt Bethke. "So eine Flasche steht auf dem Tisch, man unterhält sich. So lässt sich unser Gedanke leichter verbreiten."

Außerdem fanden die drei jungen Männer die Getränkewelt sehr trist. "Was gibt es denn schon außer Cola, Fanta und viel zu süßen Eistees?" fragt Bethke. Also probierten sie verschiedene Eigenkreationen aus. In dem von Künstlern und Kreativen geprägten Hamburger Karoviertel wurde die Küche der Wohngemeinschaft zum Limonaden-Labor. Auf Partys testeten Freunde die Rezepturen.

Anders als bei Coca Cola ist hier kein Rezept geheim. "Das ist frisch gepresster Saft mit Rohrzucker oder eben Eistee aus richtigem Tee mit Frischsaft", verrät Bethke. Das Angebot überzeugt auch Café-Besitzer wie Mathias Afken aus Hamburg: "Unsere Kunden greifen eher auf Produkte mit fairem Hintergrund zurück". Außer in Cafés und Clubs oder Bioläden gibt es die Getränke auch in familiengeführten Supermärkten.

Rucksackreise statt Business Class

Betritt man die Firmenzentrale von LemonAid, so wird schnell deutlich, dass jeder Cent in gemeinnützige Arbeit investiert wird. Der Holzboden in den Büroräumen ist abgewetzt, an der Eingangstür hängt ein Pappschild, auf das der Firmenname gekritzelt wurde. Auch herkömmliche Dienstreisen gibt es in diesem Betrieb nicht. Trotzdem reisen Bethke und seine Kollegen jedes Jahr zu den Plantagen - auf eigene Kosten. Dass Mitarbeiter anderer Hilfsorganisationen Business Class fliegen, sei für ihn untragbar, so Bethke.

Ein kleines Mädchen bei den Hausaufgaben in einem Kinderhort in Paraguay, der von LemonAid unterstützt wird (Foto: LemonAid)
In Paraguay unterstützt LemonAid einen KinderhortBild: LemonAid

Bevor er sich mit den Biogetränken selbstständig gemacht hat, arbeitete er für kurze Zeit bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Das war im Jahr 2005, nach der Tsunami-Katastrophe in Asien. Seiner Ansicht nach wird zu viel an den Bedürfnissen der Menschen vor Ort vorbei geplant: Bei der GIZ müssten pro Jahr bestimmte Summen ausgegeben werden, so Bethke. "Dabei werden viele Entscheidungen in Deutschland getroffen. Man weiß aber überhaupt nicht, was vor Ort los ist." Die Mitarbeiter in den Ländern würden gute Arbeit leisten, aber dieses System setze sie unter Druck, das eingeplante Geld auszugegeben - gerade gegen Ende des Jahres.

Er selbst erfuhr schon als 15-jähriger Auslandsschüler in Sri Lanka, was die Menschen dort brauchen. Sein Auslandsschuljahr gefiel ihm so gut, dass er bis zum Abitur dort blieb. "Von da an hatte ich immer den Wunsch, etwas für das Land zu tun", erzählt er.

Mit Teebauern zur Schule gegangen

Seine Jahre in Sri Lanka erleichterten ihm später die Suche nach Partnern vor Ort für LemonAid. "Mit einigen der Teebauern bin ich früher zur Schule gegangen", erinnert sich Bethke. Gerne zeigt er seinen Kollegen auf den privaten Dienstreisen Land und Leute. "In Sri Lanka haben einige Mitarbeiter selbst mal einen Tag lang Tee gepflückt".

LemonAid zahlt den Bauern nicht nur gerechte Preise für ihre Produkte, sondern unterstützt auch lokale Projekte. "Wir suchen uns Initiativen, die bereits gute Arbeit leisten, aber die bislang niemand gefördert hat", so Bethke: zum Beispiel den Kinderhort in einer ehemaligen Gemüsehalle in Paraguay.

Ein Junge bekommt sein Mittagessen im Kinderhort in Asuncion, Paraguay, der von LemonAid unterstützt wird (Foto: LemonAid)
Gemeinsame Mahlzeiten im KinderhortBild: LemonAid

Am Rande der Hauptstadt Asunción liegt der Obst- und Gemüsegroßmarkt "Abasto". Die Kinder der Bauern, die hier ihre Waren verkaufen, lungern oft den ganzen Tag zwischen den Marktständen herum, viele von ihnen müssen arbeiten oder suchen auf dem Gelände nach brauchbaren und essbaren Abfällen. Im Kinderhort bekommen sie jetzt etwas zu essen und werden bei den Hausaufgaben unterstützt. Bedingung für die Aufnahme in den Hort ist, dass die Kinder in die Schule gehen. LemonAid finanziert hier das tägliche Frühstück und gesunde Snacks. Auch ein wöchentlicher Kochkurs gehört zu dem Ernährungsprogramm, bei dem die sechs bis 14 Jahre alten Mädchen und Jungen lernen, gesunde Gerichte aus regionalen Lebensmitteln zu kochen.

In Hamburg hält Behtke eine grüne LemonAid-Flasche in der Hand. Der Zucker in dieser Limettenlimonade, sagt er, stammt aus Paraguay, der Heimat der Hortkinder.