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Ökostrom als schwere Last?

24. Juni 2014

Deutschland produziert immer mehr sauberen Strom. Dieses Erfolgsmodell geht jedoch zu Lasten der privaten Haushalte. Die Bundesregierung will den Anstieg der Strompreise zwar bremsen, doch die EU stellt sich quer.

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Solaranlagen auf Einfamilienhäusern (Foto: Fotolia)
Bild: Fotolia/Ingo Bartussek

Die Situation ist paradox: Deutschland fördert die Wind- und Sonnenenergie nach Kräften, dabei läuft die Finanzierung des grünen Stroms allmählich aus dem Ruder. Jedes Windrad und jede Solaranlage wird über eine Umlage finanziert, die von immer weniger Schultern getragen wird. Die anderen zahlen automatisch mehr beim Strompreis. Hintergrund sind die vielen Ausnahmeregelungen vor allem für die stromintensive Industrie. Zudem produzieren immer mehr Betriebe ihren eigenen Strom. Deshalb soll das zugrunde liegende Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) noch in dieser Woche reformiert werden. Geplant ist eine Umlage für Strom-Selbstversorger, um die Strompreisbelastungen der Bürger etwas zu dämpfen.

Der Zeitplan der schwarz-roten Bundesregierung könnte von Brüssel jedoch gründlich durcheinander gewirbelt werden. Die EU-Kommission stelle die Förderung erneuerbarer Energien über eine Umlage grundsätzlich infrage, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters und beruft sich dabei auf ein internes Papier aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Demnach wurde die Bundesregierung von neuen Forderungen der Brüsseler Wettbewerbsbehörde überrascht. Eigentlich galt der Streit mit der EU als beigelegt.

Krisensitzung im Kanzleramt

Dem Ministeriumspapier zufolge ist der neue Dissens zumindest in einem Punkt nicht zu lösen. Die EU fordere nämlich, importierten Strom aus dem Ausland von der EEG-Umlage auszunehmen. Das ist bislang nicht der Fall und rechtlich auch nicht umsetzbar. Aus Sicht der Kommission sei die Umlage auf den Strompreis "praktisch eine zollgleiche Abgabe" und verstoße daher gegen das Prinzip des freien Binnenmarkts. Diese Argumentation sei erst jetzt vorgetragen worden und stelle eine umlagefinanzierte Förderung der erneuerbaren Energien grundsätzlich in Frage, heißt es in dem Papier.

Wie ernst die Lage in Berlin eingeschätzt wird, zeigt sich an der eilig einberufenen Sitzung der wichtigsten Koalitionspolitiker. Die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der Unionsparteien CDU und CSU sowie von der SPD trafen sich am späten Montagabend im Kanzleramt. Das Treffen dauerte rund zweieinhalb Stunden und war das erste dieser Art, denn bisher waren strittige Fragen nur von den drei Parteichefs beraten worden. Nach dem Gespräch stiegen die Spitzenpolitiker wortlos in ihre Limousinen und ignorierten die wartenden Journalisten.

Regierung und Parlament stehen nun unter massivem Zeitdruck: Noch am Dienstag müssen die Fraktionen in Sondersitzungen alle Wünsche der Kommission einarbeiten, weil sonst die Frist der EU ausläuft. Am Freitag soll sich der Bundestag mit der Ökostromreform befassen. Scheitert das Vorhaben, kann die deutsche Industrie ihre ebenfalls im EEG verankerten milliardenschweren Rabatte auf die Kosten der Ökostrom-Förderung nicht beantragen. Dann könnten diese Nachlässe für 2015 auch nicht gewährt werden, warnt das Wirtschaftsministerium.

rb/haz (dpa, rtr)