1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Neue Vorwürfe gegen den BND

30. April 2015

Der BND hat einem Medienbericht zufolge jahrelang dem US-Geheimdienst NSA bei der Ausspähung Frankreichs und der EU-Kommission geholfen. Die Bundesregierung steht wegen anderer BND-Aktivitäten ohnehin schon unter Druck.

https://p.dw.com/p/1FHps
Eine Satellitenschüssel an der Abhöranlage in Bad Aibling (Foto: dpa)
Eine Satellitenschüssel an der BND-Abhöranlage in Bad AiblingBild: picture-alliance/dpa/Stephan Jansen

Der Bundesnachrichtendienst soll dem US-Geheimdienst NSA jahrelang bei der Spionage gegen die französische Regierung und gegen die EU-Kommission geholfen haben. Die Abhörstation des Bundesnachrichtendienstes in Bad Aibling sei zum Ausspähen hochrangiger Beamter des französischen Außenministeriums, des Präsidentenpalastes und der EU-Kommission in Brüssel missbraucht worden, berichteten die "Süddeutsche Zeitung" und die gebührenfinanzierten Sender NDR und WDR. Sie beriefen sich auf "interne Untersuchungen von Nachrichtendienst und Kanzleramt".

Hinweise auf gezielte Wirtschaftsspionage solle es dagegen nur vereinzelt geben. Nach den bisherigen Feststellungen seien Unternehmen vor allem betroffen, weil die USA nach Hinweisen auf illegale Exportgeschäfte suchten. Vor einer Woche waren erste Vorwürfe ans Licht gekommen, wonach der BND der NSA über Jahre geholfen haben soll, europäische Unternehmen und Politiker auszuforschen. Demnach fiel dem BND schon seit längerem auf, dass von den Amerikanern vorgegebene Suchmerkmale, so genannte Selektoren, für die Überwachung des Datenverkehrs - etwa IP-Adressen von Computern oder Namen - gegen deutsche oder europäische Interessen verstießen.

Der Elysée-Palast in Paris (Foto: AFP)
Der Elysée-Palast in ParisBild: Jacques Demarthon/AFP/Getty Images

"Parlament jahrelang gezielt belogen"

Das genaue Ausmaß der Spionageaffäre ist noch nicht klar. Alle von den USA seit Beginn der Kooperation 2002 angelieferten Suchworte werden nun noch einmal überprüft. Ihre Zahl ist riesig: Allein 2013 waren es nach Informationen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR 690.000 Telefonnummern und 7,8 Millionen IP-Suchbegriffe. In einer sogenannten Ablehnungsdatei des BND landeten 40.000 auffällige Suchbegriffe, zu denen keine Informationen geliefert wurden.

Die NSA-Zentrale in Fort Meade (Foto: EPA)
Die NSA-Zentrale in Fort MeadeBild: picture-alliance/dpa

In der Geheimdienstaffäre sieht sich die Bundesregierung dem Vorwurf der Irreführung des Bundestages ausgesetzt. "Das Parlament wurde offensichtlich jahrelang gezielt belogen", sagte Linksfraktionsvize Jan Korte in Berlin. Auch die Grünen fühlen sich von der Regierung betrogen. In der Debatte geht es um mehrere Antworten auf parlamentarische Anfragen der Linksfraktion. In einem auf den 14. April datierten Schreiben aus dem Innenministerium findet sich beispielsweise der Satz: "Es liegen weiterhin keine Erkenntnisse zu angeblicher Wirtschaftsspionage durch die NSA oder anderen US-Diensten in anderen Staaten vor." In der vergangenen Woche räumte das Kanzleramt dann aber indirekt ein, dass es spätestens seit 2008 davon wusste, dass die NSA offenbar europäische Rüstungskonzerne ausspähen wollte.

Beantwortet hatte die Anfragen das Bundesinnenministerium - unter Beteiligung anderer Stellen wie dem Kanzleramt. Innenressortchef Thomas de Maizière (CDU) war von 2005 bis 2009 selbst Kanzleramtschef gewesen. Der Vorwurf der Täuschung richtet sich daher auch gegen ihn. De Maizière wies die Anschuldigungen zurück. "Ich stelle mich selbstverständlich dieser Verantwortung und möchte gerne zur Aufklärung des Sachverhalts vollumfänglich beitragen." Regierungssprecher Steffen Seibert sagte dazu: "Die Behauptung, die Bundesregierung habe die Unwahrheit gesagt, weise ich ausdrücklich zurück."

Das Kanzleramt übermittelte dem Parlament inzwischen wichtige interne BND-Unterlagen zu der Affäre. In den seit Mittwochmittag in der Geheimschutzstelle des Bundestages stehenden Aktenordnern fehlen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur allerdings die für die Aufklärung wichtigen Listen mit Suchbegriffen. Die Opposition aus Linken und Grünen sowie die SPD pochen auf eine schnelle Herausgabe der Listen. Das Kanzleramt hat bei den US-Behörden angefragt, ob die NSA-Listen den Abgeordneten zur Verfügung gestellt werden können. Eine Antwort gibt es noch nicht.

stu/wl (afp, dpa, rtr)