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Begrenzter Spielraum für Rohani

Shahram Ahadi17. Juni 2013

Mit dem neuen iranischen Präsidenten Rohani verbinden sich im In- und Ausland Hoffnungen auf einen Wandel. Nun ist die große Frage, inwieweit dazu auch die konservative Führung des Landes bereit ist.

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Hassan Ruhani nach der Stimmabgabe (Foto: AFP/Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images

Nach der Präsidentenwahl im Iran deutet sich eine außenpolitische Neuorientierung an. Der neu gewählte Präsident Hassan Rohani sprach nach seinem unerwarteten Wahlerfolg vom "Sieg der Mäßigung über den Extremismus." Die Wahl des moderaten Geistlichen hat nicht nur bei der Bevölkerung Jubel ausgelöst. Auch international sind neue Hoffnungen geweckt worden, insbesondere was den Atomstreit betrifft.

In seinem Wahlkampf hatte Rohani versprochen, durch eine Annäherung an den Westen eine Aufhebung der internationalen Sanktionen erreichen zu wollen. Dies ist angesichts der katastrophalen wirtschaftlichen Lage des Landes auch bitter nötig.

Rohani habe ein klares Mandat und eine große Verantwortung gegenüber den Menschen im Iran, die ihm ihr Vertrauen geschenkt hätten, und vor der Welt, so der deutsche Außenminister Guido Westerwelle als Reaktion auf das iranische Wahlergebnis. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zeigte sich entschlossen zur Zusammenarbeit mit Rohani, um zu einer "raschen diplomatischen Lösung" im Atomstreit zu gelangen.

Wie groß ist der Spielraum?

Ob solche Erwartungen auf westlicher Seite realistisch sind, wird von iranischen Beobachtern unterschiedlich bewertet. So geht der in Berlin lebende Publizist Bahman Nirumand im Gespräch mit der Deutschen Welle davon aus, dass Rohani beim Versuch, seine Wahlversprechen im Innern und Äußeren umzusetzen, auf starke Widerstände stoßen wird.

Bahman Nirumand auf der Frankfurter Buchmesse 2012 (Foto: DW)
Exil-Iraner Bahman Nirumand ist skeptisch, was Rohanis Veränderungsmöglichkeiten betrifftBild: picture-alliance/dpa-Zentralbild

Diese bestünden vor allem in der Person des religiösen Führers Ajatollah Chamenei und in den mächtigen Revolutionsgarden (Pasdaran), der iranischen Parallelarmee. Chamenei und die Pasdaran hätten in den vergangenen acht Jahren gezeigt, dass sie im Atomstreit zu keinen Kompromissen gegenüber dem Westen bereit sind.

Sadegh Zibakalam, Politikwissenschaftler an der Universität Teheran, warnt ebenfalls vor zu großem Optimismus. "Wir dürfen uns von diesem Erfolg nicht blenden lassen. Die wichtigen Machtinstitutionen sind weiterhin in den Händen der Konservativen. Allerdings haben sie nun einen Teil ihrer Macht an reformorientierte Kräfte verloren", so der Politologe im DW-Interview.

Hardliner brauchen jemanden wie Rohani

Der in Teheran lebende Regimekritiker und Filmemacher Mohammad Nourizad hält es dagegen für möglich, dass wieder Vertrauen zwischen dem Iran und dem Westen bei den Atomverhandlungen geschaffen wird. Dafür müsse sich das Land stärker für internationale Atominspektionen öffnen, was wiederum eine gewisse Übereinstimmung zwischen religiösem Führer und dem neuem Präsidenten erfordere.

Mohammad Nourizad (Foto: DW)
Regimekritiker Nourizad: Raus aus der SackgasseBild: DW

Nourizad, der bis vor eineinhalb Jahren mehrmals wegen kritischer Äußerungen im Gefängnis saß, ist optimistisch, dass die Atomgespräche durch Rohanis Wahl neuen Auftrieb bekommen: "Ajatollah Chamenei und die Führer der Pasdaran sehen sich in der Sackgasse durch die zunehmende internationale Isolation. Deshalb haben sie die nötigen Bedingungen geschaffen, damit jemand wie Rohani ihnen neue Türen öffnet."

Auf innenpolitischem Feld erwartet die iranische Bevölkerung durch Rohanis Wahl zum Präsidenten eine Neuorientierung, die sich durch mehr Rechte und Freiheiten auszeichnet. Unter der achtjährigen Regierung von Mahmud Ahmadinedschad ging es nicht nur wirtschaftlich bergab. Auch das politische und gesellschaftliche Klima war repressiver geworden.

Im Wahlkampf hatte Rohani sich unter anderem für die Freilassung der seit 2009 verhafteten politischen Gefangenen ausgesprochen. "Rohanis Macht besteht in den mehr als 18 Millionen Stimmen, die er von den Iranern bekommen hat, sie wünschen Veränderungen", so der Publizist Bahman Nirumand.

Die Rolle des Parlaments

Innenpolitisch wird Rohani jedenfalls einige Gestaltungsmöglichkeiten haben. Er kann versuchen, die Schlüsselpositionen in Ministerien und zentralen Institutionen wie dem Hohen Nationalen Sicherheitsrat seinen Wünschen entsprechend zu besetzen.

Was sich als problematisch erweisen könnte, ist die nötige Zusammenarbeit des Präsidenten mit dem Parlament. Es ist "fest in der Hand des Gegners, und es steht zu befürchten, dass Anhänger des unterlegenen Hardliners Dschalili weiter destruktiv agieren werden", so die Einschätzung von Walter Posch, Iran-Experte an der Berliner Akademie für Wissenschaft und Politik.

Aber letztendlich werde das Parlament im Sinne des religiösen Führers handeln, der, so Posch, "den Wunsch des Volkes verstanden zu haben scheint, denn sonst hätte er Rohani nicht zugelassen."