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Befreiungstheologe wird vom Papst empfangen

14. September 2013

Der Neuanfang in der katholischen Kirche unter Papst Franziskus geht weiter. Nun hat sich das Kirchenoberhaupt mit jemandem getroffen, der in Rom lange verpönt war: mit dem peruanischen Befreiungstheologen Gutierrez.

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Gustavo Gutierrez
Bild: picture-alliance/dpa

Gustavo Gutierrez war am Mittwoch beim Papst, wie dessen Sprecher Federico Lombardi am Samstag mitteilte. Franziskus habe den 85-jährigen Dominikaner aus Peru nach der Frühmesse im vatikanischen Gästehaus Santa Marta empfangen. Der Präfekt der Römischen Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, hatte vor einer Woche eine Zusammenkunft seines Freundes Gutierrez mit dem Papst angekündigt.

Gutierrez gilt als einer der Väter der Befreiungstheologie. Diese stand lange im Visier der Glaubenskongregation unter ihrem damaligen Präfekten Kardinal Joseph Ratzinger. Rom warf Teilen der Bewegung eine Übernahme marxistischer Überzeugungen vor. Zahlreiche Theologen und Priester wurden deswegen vom Vatikan gemaßregelt, so etwa der Brasilianer Leonardo Boff. Mit seinem 1971 erstmals veröffentlichten Buch "Theologie der Befreiung" hatte Gutierrez der Bewegung ihren Namen gegeben. Er selbst geriet nie ernsthaft in Konflikt mir Rom, obwohl sein Werk eingehend geprüft wurde.

Die Annäherung hatte sich in dieser Woche bereits auf verschiedene Art und Weise angekündigt. So durfte Gustavo Gutierrez in der Vatikanzeitung "Osservatore Romano" für die Befreiungstheologie werben. Es war das erste Mal, dass die Zeitung des Papstes ein Interview mit einem führenden Vertreter dieser theologischen Richtung abdruckte. Gutierrez erklärte, die Befreiungstheologie sei noch immer "voll an Ressourcen" und "Schärfe". Franziskus würdigte er als "prophetischen" Papst, der die Armen nie vergesse. Die Stellungnahmen der Glaubenskongregation zur Befreiungstheologie von 1984 und 1986 seien keineswegs so ablehnend, wie es oft dargestellt werde. Versöhnliche Worte.

Die Befreiungstheologie kann man auch als eine Denkströmung aus Lateinamerika werten. In ihrem Mittelpunkt steht die "Option für die Armen". Zu den bekanntesten Vertretern zählen die Brüder Leonardo (74) und Clodovis Boff (69), der nicaraguanische Ex-Kulturminister Ernesto Cardenal (88), der 1980 ermordete salvadorianische Erzbischof Oscar Romero und eben Gutierrez.

Papst Franziskus (Foto: Reuters)
Steht für den Aufbruch: Papst FranziskusBild: Reuters/Alessandro Bianchi

Die Befreiungstheologie war auch eine Antwort auf die politische und schlechte soziale Situation Lateinamerikas in den 60er und 70er Jahren. In Europa hatte das Medieninteresse am der Befreiungstheologie seit dem Scheitern des Kommunismus etwas abgenommen.

ml/sti (epd, KNA)