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Baumann: "Ich wollte sofort losfliegen"

Christoph Hasselbach28. April 2015

Der deutsche Arzt und Himalaja-Bergsteiger Dr. Matthias Baumann will in Nepal als Chirurg Erdbebenopfern helfen.

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Zeltstadt Foto: AFP/Getty Images/P. Mathema
Bild: AFP/Getty Images/P. Mathema

DW: Herr Baumann, wie sieht Ihre Arbeit in Nepal aus?

Baumann: Ich bin am Montagabend spät in Kathmandu angekommen. Der Anflug hat sich verzögert, weil wir drei Stunden über Kathmandu gekreist sind, ehe wir eine Landeerlaubnis erhalten haben. Andere hatten Pech und mussten wieder nach Delhi umkehren. Unser Flugzeug konnte landen, weil viele Hilfskräfte an Bord waren. Und schon beim Anflug habe ich bemerkt, dass sehr viele Leute aufgrund der Nachbeben außerhalb ihrer Gebäude schlafen und zelten, und das habe ich auch gemacht. Ich bemühe mich gerade beim Gesundheitsministerium um eine Genehmigung, dass ich überhaupt in Nepal operieren darf. Am Mittwoch kann ich voraussichtlich anfangen als Chirurg.

Gibt es überhaupt intakte Kliniken, in denen Sie arbeiten können?

Doch, die gibt es. Zwei habe ich schon besucht, dort helfen auch schon indische Ärzte. Ich selbst werde etwas außerhalb von Kathmandu in einem normalen Bezirkskrankenhaus arbeiten. Dieses Krankenhaus ist nicht zerstört.

Wie stark sind insgesamt die Zerstörungen?

Kathmandu war mit etwa eintausend Menschen betroffen. Das hat sich vor allem entlang des Flusses abgespielt, dort hatte das Erdbeben die größte Kraft. Auch der zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörende Turm ist eingestürzt. Dort gab es 200 Tote. In Kathmandu konzentriert sich das auf einige Stellen. An anderen Stellen von Kathmandu merkt man gar nichts. Außerhalb, nahe dem Epizentrum, sieht es viel verheerender aus. Das Krankenhaus, in dem ich arbeiten werde, liegt näher am Epizentrum.

Wie lange hat man denn nach Ihren Erfahrungen nach einem Beben noch Hoffnung, Verschüttete und Verletzte zu finden und zu bergen?

Es gab schon Beben, da wurden noch sieben Tage später lebende Opfer gefunden, aber von Stunde zu Stunde sinkt natürlich die Hoffnung. Hier war es auch erst mit der Ankunft der Hilfstrupps etwas schwierig, weil der Flughafen am Anfang gesperrt war. Ich war vorhin an einer Unglücksstelle, da hat eine chinesische Bergungstruppe noch nach Überlebenden gesucht. In diesem Haus sollen noch 20 Leute sein, aber ob die noch leben oder schon tot sind, das weiß man natürlich nicht.

Hubschrauber auf verschneitem Berggipfel Foto: Reuters/6summitschallenge.com
Nur wenige werden mit dem Hubschrauber ausgeflogen.Bild: Reuters/6summitschallenge.com

Sind Sie im Auftrag einer Organisation geflogen, oder machen Sie das auf eigene Faust?

Ich habe das auf eigene Faust gemacht, damit ich möglichst schnell hier bin. Ich habe viele Kontakte nach Nepal und kenne viele Ärzte hier. Mit einer Organisation wäre das wahrscheinlich langsamer gegangen, und ich wollte sofort losfliegen.

Der Bergtourismus und auch der Kulturtourismus sind ganz wichtige Einnahmequellen für das Land. Wie lange wird es wohl noch dauern, bis sich dieser Tourismus wieder normalisieren kann?

Nach dem, was auf dem Mount Everest passiert ist (durch das Erdbeben ausgelöste Lawinen, bei denen nach Angaben des nepalesischen Tourismusministeriums mindestens 19 Bergsteiger ums Leben kamen, d. Red.), ist jetzt alles noch einmal infrage gestellt. Und man hört hier die Meinung, dass Nepal durch das Beben in seiner Entwicklung um 20 Jahre zurückfällt.

Das Bergsteigen im Himalaja ist eine sehr teure Angelegenheit. Und man hört, dass westliche Touristen mit Hubschraubern ausgeflogen werden, wovon die normalen Nepalesen nur träumen können. Ist das nicht sehr zweifelhaft?

Ich finde das persönlich auch sehr zweifelhaft. Hier in der Gegend, wo es wahnsinnig viele Opfer gibt, ist kein Hubschrauber hingeflogen. Da stimmen auch in meinen Augen die Relationen nicht.