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Banken könnten Argentinien retten

30. Juli 2014

Während der Finanzkrise mussten viele Banken vom Staat gerettet werden. Nun planen laut einem Zeitungsbericht die argentinischen Finanzinstitute, ihrem Staat unter die Arme zu greifen, um so die Staatspleite abzuwenden.

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Buenos Aires
Bild: picture-alliance/G Richardson/Robert Harding

Die Uhr tickt im Schuldenstreit zwischen Argentinien und mehreren Hedgefonds, die in New York gegen Argentinien geklagt hatten. Nun könnte Hilfe von unerwarteter Seite nahen. Vertreter des argentinischen Bankenverbandes Adeba arbeiten laut einem Bericht des Wall Street Journal an einem Plan, um den Zahlungsausfall Argentiniens zu verhindern. Dabei beruft sich die Zeitung auf Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind.

Nach diesem Plan des Bankenverbandes zahlen die Finanzinstitute die klagenden Hedgefonds aus und übernehmen deren rechtlichen Ansprüche. Dafür sollen die Hedgefonds beantragen, dass die Entscheidung des US-Richters Thomas Griese zurückgenommen wird, nämlich dass Argentinien nur dann seine ausstehenden Anleihen bedienen darf, wenn auch die klagenden Altgläubiger ausbezahlt werden.

Argentiniens Währung: Peso Geldscheine Wirtschaft
Banken springen ein für StaatBild: picture alliance/Demotix

Die Banken würden die Forderungen der Altgläubiger in drei Bar-Teilzahlungen erwerben und ihr Geld von der Regierung zurückerhalten, sobald ab Januar die sogenannte Rufo-Klausel nicht mehr gilt. Die Rufo-Klausel in den Anleiheverträgen verbietet es Argentinien, bestimmte Gläubiger besser zu stellen als alle anderen. Damit verpflichtet sie Argentinien, im Fall einer besseren Abmachung mit den Hedgefonds auch die Zahlungen an allen anderen Gläubigern zu verbessern. Würde Argentinien die klagenden Hedgefonds auszahlen, würden dem Land Nachzahlungen von bis zu 120 Milliarden Dollar drohen, wie Wirtschaftsminister Axel Kicillof befürchtet. Die Klausel gilt bis zum 31. Dezember 2014.

Der Haken

Allerdings ist der Plan der Bankenverbandes unter den argentinischen Banken noch nicht abschließend besprochen worden. "Es gibt ein wenig durcheinander bei Adeba" wird ein Insider vom Wall Street Journal zitiert. So soll der Präsident einer Bank die Führung bei der Organisation dieses Konzepts übernommen haben, ohne dass er dafür von den anderen Instituten autorisiert worden ist. Zudem müssten sich die Banken untereinander noch auf Details einigen und sich von der Regierung garantieren lassen, dass sie angemessen entschädigt würden.

Auch bei den Konfliktparteien gab es am Dienstag Bewegung. Sie trafen sich nur wenige Stunden vor Ablauf der Frist erstmals zu direkten Verhandlungen. Bei dem Gespräch in New York sei aber keine Einigung erzielt worden, sagte der von einem US-Gericht bestellte Schlichter Daniel Pollack. "Es waren die ersten Gespräche zwischen den Parteien von Angesicht zu Angesicht", sagte er. "Es war ein offener Austausch von Meinungen und Bedenken." Die Streitpunkte seien geblieben.

Auch der argentinische Wirtschaftsminister Axel Kicillof hatte sich am Dienstag in die Bemühungen um eine Lösung eingeschaltet und war überraschend in New York vor dem Büro des Schlichters aufgetaucht. Seinen Angaben zufolge soll es ein weiteres direktes Treffen zwischen den Streitparteien geben. Details nannte er nicht. Es war das erste Mal seit drei Wochen, dass Kiciloff sich bei dem Schlichter blicken ließ.

Axel Kicillof, Argentiniens Finanzminister, Foto: afp
Axel Kicillof, Argentiniens Finanzminister hat sich um Schlichtung bemühtBild: AFP/Getty Images

Hintergrund des Streits

Die Regierung in Buenos Aires weigert sich bislang, den Hedgefonds die von einem New Yorker Gericht zugesprochenen 1,33 Milliarden Dollar plus Zinsen auszuzahlen. Die Fonds hatten einen Schuldenschnitt für die in Dollar ausgegeben Anleihen des Landes nicht mitgemacht und geklagt. Sie hatten die Papiere in den Jahren nach der Staatspleite Argentiniens zu günstigen Kursen aufgekauft. Das Land wirft den Hedgefonds vor, Profit aus der Notlage geschlagen zu haben: Ihnen winke nun eine immense Rendite von 1680 Prozent.

Argentinien muss bis zum Ablauf des Mittwochs umgerechnet rund 540 Millionen Euro an Staatsschulden bei internationalen Gläubigern begleichen. Der US-Richter Thomas Griese ordnete jedoch an, dass Argentinien zunächst die Forderungen der beiden klagenden Hedgefonds NML Capital und Aurelius bezahlen soll. Erst wenn diese Forderung beglichen ist, darf das Land die anderen Gläubiger bedienen.

Ausverkauf in einem Geschäft in Argentinien
Die Staatspleite droht in ArgentinienBild: picture alliance/Photoshot

Für eine Einigung bleibt nur noch wenig Zeit. Verstreicht die bis Mitte der Woche gesetzte Frist ungenutzt, wird Argentinien wie bereits 2002 als zahlungsunfähig eingestuft. Anders als 2002, als Argentinien nach einer Wirtschaftskrise in die Pleite stürzte und innenpolitische Unruhen ausbrachen, könnte die drittgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas diesmal allerdings bei einem Scheitern der Vermittlungsbemühungen glimpflich davonkommen. Sie ist bereits von den internationalen Kapitalmärkten abgeschnitten. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit ist daher kein Schreckgespenst mehr. Allerdings könnte sich die galoppierende Inflation in Argentinien verstärken und der Peso weiter an Wert verlieren. Mit Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten ist jedoch nicht zu rechnen, da das Land durchaus noch liquide ist.

iw/se (Wall Street Journal, dpa, rtrs, afp)