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Außenpolitik beherrscht Generaldebatte

Kay-Alexander Scholz10. September 2014

Eigentlich geht es in der Haushaltswoche im Bundestag mittwochs immer heiß her. Doch die internationale Lage sorgte diesmal für ruhigere Auftritte der Redner. Vielleicht gab es dafür auch noch einen anderen Grund.

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Budneskanzlerin Merkel spricht während der Generaldebatte im Deutschen Bundestag (Foto: Rainer Jensen/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Rainer Jensen

Da waren sich die Kanzlerin und die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag in der Generaldebatte einig: Der Ukraine-Konflikt und der IS-Extremismus im Irak und in Syrien sind große Herausforderungen auch für Deutschland. CDU/CSU, SPD, Grüne und Linke stellten die Außenpolitik wenn nicht sogar an den Anfang, dann doch ins emotionale Zentrum ihrer Redebeiträge. "Wie anders läuft das Jahr", sagte Angela Merkel mit Blick auf die unvorhersehbare Verschärfung mehrerer Konflikte, um dann sofort offensiv die Marschrichtung gegenüber Russland vorzugeben: Keine militärische Lösung, Geschlossenheit in Europa, strafende Sanktionen und eine für Verhandlungen mit Putin offene Tür.

Die deutsche Wirtschaft wird aufgehorcht haben bei dem, was Merkel gleich danach sagte: Sollte der Zwölf-Punkte-Friedensplan eingehalten werden, "dann werden wir die Ersten sein, die Sanktionen wieder aufheben". Zukünftig sei Deutschland natürlich wieder an guten Beziehungen zu Russland interessiert. "Am Ende wird sich die Stärke des Rechts durchsetzen", sagte Merkel optimistisch. Aber es werde wohl einen langen Atem brauchen. Auch bei der Terrormiliz "Islamischer Staat" sieht Merkel Hoffnung auf eine Konfliktlösung, weil es neue Bündnisse gebe. "Wir alle, egal welchen Glaubens, bieten den Extremisten die Stirn."

Einzig der Oppositionsführer Gregor Gysi, Fraktionschef der Linken, zeigte sich mit der deutschen Außenpolitik nicht einverstanden. Sanktionen würden in der Ukraine-Krise eskalierend wirken. Dabei sei doch Abrüstung gefragt. Und im Kampf gegen den IS frage er sich, so Gysi, wann wieder zum Völkerrecht zurückgekehrt werde, denn das Problem müsse mit den UN und nicht mit einer "Koalition der Willigen" angegangen werden.

Oppositionsführer Gregor Gysi im Bundestag (Foto: dpa)
Oppositionsführer Gregor Gysi: Wann kehren wir zum Völkerrecht zurück?Bild: picture-alliance/dpa

Bedeutung des digitalen Wandels

Innenpolitisch gibt es derzeit, so war zu hören, weitaus weniger Sorgen. Die Kanzlerin zeigte sich stolz darüber, dass es mit dem Haushalt 2015 und dem Finanzplan bis 2018 gelungen sei, ohne neue Schulden auszukommen - um dann aber gleich wieder einen Schlenker nach Europa zu machen. Das Ablassen von Reformen sei das größte Risiko für viele Länder, so Merkel. Vielmehr müsse das Einhalten von Versprechen zum Markenzeichen der Euro-Zone werden. Das schaffe Vertrauen und "das wird uns zurückgezahlt werden". Solides Haushalten sei Voraussetzung für politisches Handeln.

Überraschend war, dass die Kanzlerin dann in der Aufzählung der wichtigen Felder politischen Handels gleich den digitalen Wandel nannten und diesen mit der industriellen Revolution gleichsetzte. Wie sich Deutschland dabei bis zur zweiten Hälfte des Jahrzehnts positioniere, werde entscheidend für die Zukunftsfähigkeit sei. Startup-Förderung, Breitband-Ausbau und sichere Datenkommunikation seien ihrer Meinung nach zentral für diesen Weg. Deutschland brauche einen neuen digitalen Mittelstand.

Bundestag Generaldebatte Abgeordnete mit digitalen Geräten (Foto: DW/Scholz)
Lenkt der digitale Wandel die Angeordneten zu sehr ab?Bild: DW/K. Scholz

Als Merkel das sagte, tippten viele Abgeordnete, wie sie es auch bei den anderen Reden machten, in ihre Smartphones, Tablets oder telefonierten. Nur so richtig dabei waren sie nicht. Sonst hätte es mehr Zwischenrufe oder emotionale Ausbrüche gegeben. Zumindest war das in der vordigitalen Welt noch ganz anders. Vielleicht bekommt der digitale Wandel der Demokratie nicht so gut - oder noch nicht, da noch nicht alle multitaskingfähig sind.

Grüne kritisieren Klimaschutz-Politik

Nichts sagte Merkel zur Energiewende, auch das war überraschend und wurde von Katrin Göring-Eckhardt von den Grünen kritisiert. "Wir waren mal Vorbild beim Klimaschutz", so Göring-Eckhardt. Und nun fahre Merkel nicht mal mehr zum kommenden UN-Klimagipfel. "Wir versündigen uns an uns selbst, an den Klimaflüchtlingen und unseren Kindern", sagte die Grünen-Politikerin.

Die Generaldebatte war der Auftakt zu dreitägigen Haushaltsberatungen in dieser Woche und legt traditionell den Schwerpunkt auf die großen politischen Herausforderungen. Danach werden die einzelnen Etats in den Ausschüssen beraten. Im November soll dann nach Schlussberatungen alles unter Dach und Fach sein sein.