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Unternehmen Akuvib

Frank Lohmann6. März 2015

Bei dem mittelständischen Unternehmen Akuvib in Bochum lassen Automobilhersteller und Zulieferer entwickelte Bauteile prüfen. Hin und wieder rollen auch Prototypen auf den Teststand.

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Elektro-Auto (Foto: Akuvib)
Bild: AKUVIB

Wenn Automobilhersteller neue Baureihen planen, dann vergehen mehrere Jahre, bis die Serienfahrzeuge auf den Markt kommen. Schließlich wird jedes Teil an dem Fahrzeug zuvor einem Belastungstest unterzogen. Auf diese aufwändigen Materialprüfungen im Auftrag von Automobilherstellern und Zulieferern hat sich das mittelständische Unternehmen Akuvib in Bochum spezialisiert und damit eine Marktnische erobert. Denn nicht jedes Zulieferunternehmen kann sich den Unterhalt von teuren Prüfanlagen leisten. Außerdem legen Automobilhersteller großen Wert auf neutral ermittelte Testergebnisse.

"Wir führen Prototyptests durch, untersuchen auf Haltbarkeit, Lebensdauer und prüfen verschiedenste Baugruppen. Von einzelnen Komponenten bis hin zu gesamten Fahrzeugen", sagt Unternehmensgründer und Inhaber Jörg Hansen.

Zu den Kunden gehören u.a. Audi, BMW, Daimler, die VW-Gruppe und Porsche sowie namhafte Automobilschmieden aus Italien, Frankreich und Schweden.

Akustikeinrichtung für Sound-Design (Foto: Akuvib)
Akustikeinrichtung für Sound-DesignBild: AKUVIB

Auf unterschiedlichen Prüfständen durchlaufen die einzelnen Teile verschiedene Härtetests. "Alles, was einem Einbauteil im Fahrzeug im Leben widerfahren kann, wird simuliert." Angefangen von den Vibrationen, sprich Schwingungsbelastungen, die im Fahrzeug auftreten können. Dazu werden die Komponenten auf einem "Shaker" unerbittlich durchgerüttelt. Überprüft wird auch die Sonneneinwirkung auf im Fahrgastraum verbaute Materialien. In weiteren Tests werden Teile aus dem Motorraum Staub, eindringendem Wasser und unterschiedlichen Temperaturen ausgesetzt.

Absolute Geheimhaltung

Gelegentlich kommen nicht nur Einzelteile auf den Prüfstand, sondern auch Prototypen - komplette Fahrzeuge, von denen aber nur wenige Exemplare existieren. Das sind die sogenannten "Erlkönige", die von der Öffentlichkeit abgeschirmt werden. Rund um ein neues Modell gehört absolute Verschwiegenheit zum Geschäftsprinzip, betont Jörg Hansen. "Wir haben mit allen Zulieferern, mit allen Automobilherstellern ganz, ganz strenge Geheimhaltungsvereinbarungen."

Bevor ein Fahrzeug die Straßenzulassung erhält, werden die neu entwickelte Komponenten schon Jahre vorher in Bochum einem Härtetest unterzogen. Als Beispiel nennt Jörg Hansen Head-up-Displays, wie sie inzwischen in Fahrzeugen der Oberklasse eingebaut werden.

"Die haben wir bereits vor fünf, sechs Jahren hier zum Testen gehabt und geprüft, wie es mit der Haltbarkeit aussieht und ob die auch für den Einbau in Armaturentafeln geeignet sind."

Ob es sich um im Motorraum verbaute Elektronikteile oder um Überrollbügel für Cabrios handelt, erst wenn die neutralen Prüfungsergebnisse von Akuvib vorliegen, können die Weichen für die Serienproduktion gestellt werden. Dann haben die Komponenten die Prüfungsanforderungen u.a. in einer Salzkammer sowie einer Kühlkammer bestanden. Und sogar in einer Unterdruckkammer, denn ein Auto bewältigt in den Bergen auch Höhenunterschiede. "Auf einer Passstraße sind die Komponenten einem wesentlich geringeren Druck ausgesetzt. Und ein Turbolader muss natürlich auch mit einem geringeren Umgebungsdruck auskommen."

Testanlage für die Luft- und Raumfahrtteile (Foto: Akuvib)
Testanlage für die Luft- und RaumfahrtteileBild: AKUVIB

Gründung vor zehn Jahren

Vor gut zehn Jahren hat Jörg Hansen, Ingenieur für Akustik und Schwingungstechnik, das Unternehmen mit Gespür für einen wachsenden Markt gegründet. Heute sind 20 Ingenieure und Techniker mit Prüfaufträgen aus ganz Europa voll ausgelastet. Vom Jahresumsatz in Höhe von zwei Millionen Euro entfallen über 60 Prozent auf die Automobilindustrie. Und die Nachfrage steigt, denn auf den modernen Prüfständen geht es inzwischen um die Alltagstauglichkeit und Belastbarkeit der nächsten Fahrzeuggeneration.

Belastungstest durch Vibrationen (Foto: Akuvib)
Belastungstest durch VibrationenBild: AKUVIB

"Gerade im Bereich Elektromobilität werden Untersuchungen unter verschiedenen Klimabedingungen durchgeführt", erläutert Hansen, "sprich: wie schnell entlädt sich eine Batterie, wie schnell kann man unter bestimmten Temperaturbedingungen wieder aufheizen. Was macht eine Sonneneinstrahlung aus einem Cockpit, wie verändern sich Kunststoffe." Im Endeffekt komme es für die Prüfer darauf an herauszufinden, welche Lastzyklen zu einer schnellen oder langsamen Entladung bei einer Batterie führen.

Extreme Belastungstests

Eine separate Anlage ist für einen anderen Kundenkreis reserviert. Sie wird von den Techniker HALT genannt. Dieses Kürzel steht sinngemäß für hoch beschleunigte Alterung. Hier werden Teile für Unternehmen aus der Luft- und Raumfahrt einem extremen Belastungstest unterzogen. Diese Anlage deckt innerhalb von wenigen Minuten einen Temperaturbereich von minus 100 bis plus 200 Grad ab und erzeugt Belastungen bis zur 100-fachen Erdbeschleunigung. Gebucht werden diese Tests von namhaften Herstellern von Flugzeugen und Satelliten.

Im Endeffekt, sagt Jörg Hansen, gehe es bei den Tests darum, einen Ausfall zu provozieren. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse können Entwickler dann schon im Vorfeld mögliche Schwachstellen korrigieren, bevor ein Satellit ins All geschossen wird. Und da sich auch die Luft- und Raumfahrt auf Expansionskurs befindet, mangelt es dem mittelständischen Unternehmen, das inzwischen zu den führenden Prüfinstituten in der Bundesrepublik zählt, nicht an Aufträgen.