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Viele afghanische Ortskräfte abgelehnt

29. April 2014

Durch ihre Unterstützung der Bundeswehr sind sie in ihrer Heimat oft in Lebensgefahr. Viele afghanische Ortskräfte wollen deshalb nach Deutschland. Doch hunderte Anträge wurden nicht genehmigt.

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Ein Bundeswehrsoldat und ein Dolmetscher sprechen nahe Kundus im Distrikt von Char Darreh mit einem Mann (Foto: dpa).
Bild: picture-alliance/dpa

Weniger als ein Drittel der Ortskräfte, die nach Deutschland kommen wollen, hat bisher eine entsprechende Zusage der Bundesregierung erhalten. Insgesamt hätten 976 afghanische Helfer bei den Behörden um Aufnahme in Deutschland gebeten. In 471 Fällen sei dies abgelehnt worden, mehr als 200 Anträge würden zur Zeit noch bearbeitet, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin. Er bestätigte damit einen Bericht des ARD-Magazins "Report Mainz".

In Afghanistan arbeiten zahlreiche Helfer - sogenannte Ortskräfte - für die Bundeswehr und andere deutsche Stellen, zum Beispiel als Dolmetscher. Viele von ihnen haben Angst, von den Taliban als Kollaborateure bestraft zu werden. Diejenigen, die nach Deutschland kommen konnten, fürchten Rache an ihren Verwandten. Die meisten der bislang nach Deutschland eingereisten Ortskräfte sind Übersetzer. Sie durften nur Ehepartner und Kinder mitbringen.

Fürsorgepflicht erfüllt?

Schon mehrfach war der Bundesregierung vorgeworfen worden, sie lasse ihre afghanischen Hilfskräfte nach Ende des Arbeitsverhältnisses im Stich. Deutsche Stellen hatten hingegen immer wieder betont, man sei sich der Fürsorgepflicht gegenüber den Ortskräften bewusst. Zahlreiche Helfer könnten voraussichtlich bei der ISAF-Nachfolgemission ab 2015 weiterbeschäftigt werden.

Nach Recherchen von "Report Mainz" sehen sich Ortskräfte aufgrund langwieriger Verfahren gezwungen, auf eigene Faust, ohne Hilfe der Bundesregierung und ohne ein Visum nach Deutschland zu fliehen. In Deutschland durchliefen sie das normale Asylverfahren. Für Afghanen könne dies rund ein Jahr dauern, teilte die Organisation Pro Asyl mit. Deren stellvertretender Geschäftsführer, Bernd Mesovic, sagte: "Die Bundesregierung lässt nach wie vor einen Teil der Betroffenen völlig im Stich." Sie habe ihr Versprechen, gefährdete Ortskräfte nach Deutschland zu holen und die Verfahren zu entbürokratisieren, nicht eingelöst. "Das war überwiegend heiße Luft." Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Omid Nouripour, spricht im Fernsehbeitrag des Südwestrundfunks von einem "Skandal".

Individuelle Gefährdung

Das Bundesinnenministerium erklärte dagegen auf Nachfrage von "Report Mainz", bei individueller Gefährdung einer Ortskraft werde eine Aufnahmezusage für Deutschland innerhalb weniger Tage erteilt. Die Einstufung des Kritierienkatalogs als Verschlusssache diene dem Persönlichkeitsschutz der Ortskräfte. Der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hatte im Oktober noch angekündigt, man habe vor, "all diejenigen, die uns in Afghanistan geholfen haben und die jetzt in Gefahr geraten", nach Deutschland zu holen.

jj/kle (dpa, AFP)