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Die alte Sprache der Kelten

Robert B. Fishman18. August 2009

Vor fast 2000 Jahren brachten die Kelten Gälisch nach Grobritannien, Irland und in die Bretagne. Seit den 1980er Jahren wird Gälisch vor allem wieder in Schottland gefördert - auf der Inselgruppe der Hebriden.

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Wegweiser auf Gälisch auf der Insel Lewis in Schottland (Foto: DW/ Robert B. Fishman)
Gälisch ist eine keltische SpracheBild: Robert B. Fishman / DW

Gälischkurs am Lewis Castle College am Stadtrand Stornoways, der Hauptstadt der Insel Lewis: Die Schüler hören aufmerksam zu, sprechen nach und übersetzen - immer und immer wieder.

Einsatz, der sich ausgezahlt hat

Annie Macsween unterrichtet hier die alte keltische Sprache, die in Schottland nur noch auf den äußeren Hebriden-Inseln gesprochen wird. Auch dort hatten Schuldirektoren, Lehrer und Behörden seit dem 18. Jahrhundert versucht, das Englische durchzusetzen. "Meine Mutter ist hier auf der Insel Lewis auf dem Land aufgewachsen", erzählt Annie. Die Lehrer hätten sie mit dem Gürtel verprügelt, weil sie in der Schule Gälisch gesprochen habe. "Als ich in den 1960er-Jahren hier in Stornoway auf die Oberschule gekommen bin, sollte ich Französisch und Latein lernen. Doch ich habe mich geweigert und darauf bestanden Gälisch lernen zu dürfen." Schließlich habe sie sich gegen den Rektor durchgesetzt.

Eine Fähre liegt an einem Pier an einer Insel (Foto: Robert B. Fishman)
Die Hebrideninsel TarbisBild: DW

Geändert hat sich das erst mit dem Wiedererwachen des schottischen Nationalbewusstseins in den 1970er- und 1980er-Jahren. Immer mehr Schotten setzen sich seitdem wie Annie Macsween für den Erhalt der gälischen Sprache ein. In der fünften Oberschulklasse sei sie dann überzeugt gewesen, dass sie Gälisch studieren wollte. "Meine Mutter hat das dem Schulleiter unserer Grundschule erzählt. Der war entsetzt. Er hat nicht geglaubt, dass ich damit einen Job finden könnte. Meine Mutter glaubte ihm, denn das waren damals die Leute, zu denen die einfachen Menschen aufschauten: Schulrektoren und Ärzte. Ihr Meinung zählte", erinnert sich Annie Macsween.

Nicht mehr heimlich gälisch sprechen

Die Engländer, die die schottischen Highlands und die Inseln im 18. Jahrhundert erobert hatten, verboten den Einheimischen ihre Muttersprache, ihre traditionelle Kleidung und ihre Dudelsäcke. Die gälische Sprache erkannte der Gesetzgeber erst 1995 offiziell an. Das schottische Sprachengesetz garantiert seitdem, dass jeder auch auf Ämtern, in öffentlichen Anhörungen und Veranstaltungen gälisch sprechen darf. Alle Dokumente werden übersetzt. Die Schulen müssen Unterricht auf Gälisch anbieten. Radio und Fernsehen senden in der Muttersprache der meisten Inselbewohner. Der Statistik zufolge sprechen heute fast zwei Drittel der Hebriden-Bewohner gälisch.

Alte Damen sitzen in einer Kirche (Foto: Robert B. Fishman)
Gälisch war lange Zeit KirchenspracheBild: Robert B. Fishman / DW

Auf Sänger-, Tanz- und Musikfesten, den "Celidh", pflegen die Inselbewohner in jedem Dorf ihre Traditionen. Viele Theatergruppen spielen Stücke in gälischer Sprache. Gälisch war lange Zeit vor allem die Sprache des Glaubens. Die Bibeln der irischen und schottischen Mönche und ihre religiösen Schriften waren in dieser Sprache verfasst. Manche Wissenschaftler vermuten sogar, dass der Gospel in den USA seine Wurzeln in den schottisch-gälischen Psalmen hat. Denn vor allem die schottischen Einwanderer und Flüchtlinge brachten den Sklaven im Süden der USA das Christentum bei.

Gälisch - auch ein Wirtschaftszweig

Der Kampf vieler Schotten für ihre Sprache hat sich gelohnt: Seit das Sprachengesetz gälischsprachige Radio- und Fernsehprogramme vorschreibt und amtliche Dokumente ins Gälische übersetzt werden müssen, sind die Kurse am Lewis Castle College und an den Schulen im Land sehr gefragt. Gälisch habe inzwischen auch eine große wirtschaftliche Bedeutung, meint Annie Macsween. "Für die gälischen Mittelschulen brauchen wir Lehrer und Fachleute, die Unterrichtsmaterial erarbeiten. Und auch fürs Fernsehen und Radio - die Nachfrage nach gälischsprachigen Fachleuten ist größer als das Angebot."

Schafe auf einer Straße (Foto: Robert B. Fishman)
Auf den Hebriden kämpfen die Menschen für ihre SpracheBild: DW

Annies Sohn Donald lebt ebenfalls von der Sprache: Er übersetzt, dolmetscht und präsentiert die gälischsprachigen Sendungen im Lokalfernsehen. "Wer Gälisch kann, hat hier viele Möglichkeiten: Internet, Medien, Übersetzungen", so Donald. "Das ist die einzige Wachstumsbranche hier. So gibt es mit Gälisch heute viel mehr Jobs als vor zehn oder sogar noch vor fünf Jahren und es gibt viele Möglichkeiten für Leute wie mich, die selbstständig arbeiten wollen."

Er und seine Mutter Annie setzen sich dafür ein, dass die Sprache weitergegeben wird. "Wenn ich erleben müsste, dass die Sprache ausstirbt, würde ich das als großen Verlust empfinden", meint Annie Macsween. Gälisch sei eine reiche, romantische Sprache. Sie habe viele Gedichte und Lieder. Außerdem gebe es auf Gälisch Literatur, Familiengeschichten, archäologische Informationen. "Gälisch ist ein Teil von uns, unser Erbe und unsere Geschichte."

Steinkreise (Foto: Robert B. Fishman)
Die Sprache ist ein Teil der Kultur - wie auch die keltischen SteinkreiseBild: Robert B. Fishman / DW