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Griechen fürchten um ihre Bankeinlagen

Jannis Papadimitriou19. März 2013

Zypern zittert und Griechenland fiebert mit: Da die beiden Länder wirtschaftlich eng verflochten sind, fürchten auch viele Griechen um ihre Ersparnisse.

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Zypern Bankenkrise ((AP Photo/Petros Karadjias)
Zypern BankenkriseBild: picture-alliance/AP

Zwar erklärt der Athener Finanzminister Jannis Stournaras gebetsmühlenartig, es gäbe kein Risiko für griechische Sparer und Vermögende, auch dann nicht, wenn sie ihr Geld der griechischen Tochterfirma einer zyprischen Bank anvertraut hätten. Dennoch wächst auch in Griechenland die Sorge vor zunehmenden Turbulenzen in der Inselrepublik, etwa für den Fall, dass das Parlament in Zypern das Brüsseler Hilfsangebot ablehnen sollte.

Für Aufregung sorgt vor allem die Brüsseler Entscheidung, den Zyprern eine Zwangsabgabe zur Rettung ihrer eigenen Banken aufzubürden - entgegen früherer Zusicherungen, die Bürger in Europa müssten sich keine Sorgen machen um ihre Bankguthaben. Manche Griechen würden befürchten, die Nächsten zu sein, erklärt der Athener Wirtschaftsjournalist Kostas Tsouparopoulos.

Wütende Proteste in Zypern gegen die Zwangsabgabe der Kleinsparer (Photo credit should read PATRICK BAZ/AFP/Getty Images)
Wütende Proteste in Zypern gegen die Zwangsabgabe der KleinsparerBild: AFP/Getty Images

"Die Menschen sind schockiert"

"Einen derartigen Tabubruch konnte sich niemand vorstellen", erläutert Tsouparopoulos. Die Ereignisse auf Zypern hätten auch viele Menschen in Griechenland schockiert. Da die beiden Länder eng miteinander verflochten seien, wachse auch in Hellas die Unruhe. Allerdings scheine die Mehrheit der Griechen vorerst die beruhigenden Worte ihrer Politiker ernst zu nehmen. "Also, ich würde jetzt nicht gleich mit einem Ansturm auf die griechischen Banken rechnen", meint der Athener Wirtschaftsjournalist.

Eine Enttäuschung erlebten Bankkunden allerdings gleich am Dienstag (19.03.2013): Auf Anweisung aus Nikosia wurden alle Filialen zyprischer Banken in Griechenland bis auf weiteres geschlossen. Die Geldautomaten bleiben weiterhin im Betrieb, werden allerdings mit Auszahlungslimits von circa 500 Euro pro Tag versehen.

Angesichts der deutlich nahenden Krise sind seit Februar bereits drei Milliarden Euro aus Zypern abgeflossen. Das dürfte vor allem einen Grund haben, meinen Experten: Aus Sorge vor einem Bankenkollaps würden viele griechische Sparer ihr Geld in Sicherheit bringen wollen und alles Ersparte zurück nach Hellas schicken. Dabei waren die meisten Anleger in den vergangenen Jahren eher den umgekehrten Weg gegangen: Nach Ausbruch der griechischen Schuldenkrise Ende 2009 flossen Milliarden in die benachbarte Inselrepublik über Tochterfirmen zyprischer Banken, die in Griechenland aktiv sind.

Das Geld wird abgezogen

Genaue Zahlen sind nicht bekannt. Der Journalist Thanassis Kalfas, Mitarbeiter eines Banking-Newsletters in Athen, berichtet von griechischen Sparguthaben in zweistelliger Milliardenhöhe. "Heute betragen die ausländischen Sparguthaben in Zypern rund 70 Milliarden Euro, das entspricht dem Sechsfachen des Bruttoinlandprodukts", sagt Kalfas. Vierzig Milliarden davon kämen aus dem Ausland und 80 Prozent dieser Summe gehöre russischen Anlegern. Aus Griechenland seien insgesamt bis zu sechzehn Milliarden nach Zypern geflossen, "aber ein nicht unbeachtlicher Teil dieser Gelder wird offenbar schon wieder außer Landes gebracht", berichtet der Banken-Experte.

Mit der Brüsseler Entscheidung, einen Teil der Bankeinlagen auf Zypern zu enteignen, sei auch in Griechenland die Angst vor neuen Banken-Turbulenzen gestiegen, befürchtet Kalfas. Zwar haben die Euro-Finanzminister erklärt, die Zwangsabgabe auf zyprische Bankeinlagen werde ein einmaliger Vorgang bleiben, doch das klinge nicht unbedingt überzeugend, meint der Athener Journalist. Denn bereits 2011, als die privaten Gläubiger Griechenlands auf hundert Milliarden Euro verzichten mussten, hatte es in Brüssel geheißen, der Angriff auf das Sparvermögen der Bürger sei ein einmaliger Vorgang, erinnert sich Kalfas.

"Wie Griechenland damals wird Zypern jetzt zum Testballon für die gesamte Eurozone. Falls das Experiment mit der Zwangsabgabe zu einem Erfolg wird, könnte es meines Erachtens jederzeit in jedem anderen EU-Land wiederholt werden", warnt der Wirtschaftsjournalist.

Griechenland Finanzminister Giannis Stournaras (Foto:Kostas Tsironis/AP/dapd)
Griechenland Finanzminister Giannis Stournaras versucht die Griechen zu beruhigenBild: AP

Wie geht es weiter?

Der griechische Finanzminister Jannis Stournaras steht nun vor der großen Herausforderung, die drei Tochterbanken zyprischer Geldhäuser vor Ort abwickeln zu müssen. Deren Kunden seien von der Brüsseler Vereinbarung ausdrücklich ausgenommen und müssten keine Zwangsabgabe entrichten, versichert Stournaras. Die Athener Koalitionsregierung würde es begrüßen, wenn eine griechische Bank einspringen und die notleidenden Kreditinstitute übernehmen würde, doch bisher hat sich keine Privatbank dazu bereit erklärt. Mangels Alternativen wird nun die staatliche Postbank in die Pflicht genommen, obwohl sie selbst unter Druck steht und 2012 von der griechischen Zentralbank sogar für "nicht überlebensfähig" erklärt wurde.

Das sei allerdings nicht genug, um das Bankensystem in der Eurokrise stabil zu halten, glaubt der Wirtschaftsjournalist Kostas Tsouparopoulos; vielmehr sei ein großer Wurf auf europäischer Ebene erforderlich. Nach dem Angriff auf ihr Sparvermögen sei das Vertrauen vieler Menschen in den Euro und in die europäischen Institutionen, erschüttert worden, moniert Tsouparopoulos. Jetzt gelte es, Vertrauen zurückgewinnen: "Dass die Kleinsparer von der Zwangsabgabe verschont werden, ist das Mindeste, was man in diesem Zusammenhang erwarten kann."