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Gegenwind für die Griechen

17. April 2015

Obwohl offiziell nicht auf der Tagesordnung, beherrscht die Griechenland-Krise die IWF-Frühjahrstagung. Wolfgang Schäuble und Yanis Varoufakis halten sich mit gegenseitigen Forderungen nicht zurück.

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Logo Zentrale IWF in Washington
Bild: DW/A.Becker

Im Griechenland-Drama haben sich die Fronten weiter verhärtet. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble rechnet nicht mit einer raschen Einigung über Finanzhilfen für das vom Staatsbankrott bedrohte Athen. Beim Treffen der Euro-Gruppe Ende kommende Woche in Riga sei keine Lösung zu erwarten, sagte er am Freitag zu Beginn der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington. "Es gibt nichts Neues. Und ich bin nicht sicher, dass wir kommende Woche in Riga schon etwas Neues haben".

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis warb am Rande des Wirtschaftsgipfels eindringlich um Verständnis für seine Position. Bei einer Veranstaltung zum Unabhängigkeitstag seines Landes im Weißen Haus traf er auch US-Präsident Barack Obama. Varoufakis habe den Staatschef in einem kurzen Gespräch gebeten, weiter Druck auf die Europäer zu machen, eine Verhandlungslösung mit den Griechen zu suchen, so Beobachter. Er sei sich mit Obama darin einig gewesen, dass alle Seiten mehr Flexibilität zeigen müssten.

Obama lobt Renzi als Vorbild

Der US-Präsident traf anschließend Italiens Ministerpräsidenten Matteo Renzi. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz der beiden Regierungschefs sagte Obama in Richtung Athen: "Griechenland muss Reformen anstoßen. Sie müssen Steuern einziehen. Sie müssen ihre Bürokratie reduzieren." Außerdem müsse der griechische Arbeitsmarkt flexibler werden.

Außerdem wies der US-Präsident den Eindruck zurück, dass er "ständig" die von Deutschland vorangetriebene Sparpolitik in der Eurozone kritisiere. Bundeskanzlerin Angela Merkel sei "eine großartige Freundin und eine großartige Verbündete". Allerdings gebe es "konkurrierende volkswirtschaftliche Theorien", wie nach einer Finanzkrise die Konjunktur am besten angekurbelt werden könne. Die USA hätten auf staatliche Investitionsprogramme gesetzt, um für neues Wachstum zu sorgen.

Obama betonte, dass neben der Stärkung der Nachfrage gerade in Europa auch Strukturreformen wichtig seien und lobte dabei die Bemühungen in Italien: "Ich denke, dass die Regierung von Ministerpräsident Renzi auf dem richtigen Weg ist, die Strukturreformen anzustoßen, die von Angela Merkel und Ökonomen seit langer Zeit gefordert werden."

Ohne Reformen kein Geld mehr

Am Freitag traf Varoufakis auch US-Finanzminister Jack Lew und den Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi. Am Vortag hatte er in einer Rede vor dem renommierten US-Institut Brookings Forderungen der internationalen Geldgeber nach weiteren Sparmaßnahmen abgelehnt, aber zugleich Kompromissbereitschaft signalisiert.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann nannte es "abwegig", dass Griechenland ohne Programm- und Reformauflagen weitere Finanzhilfen erhalte. Zudem dürften Notfall-Kredite der EZB an die griechische Notenbank nicht missbraucht werden. Noch abwegiger wäre es, wenn die griechische Notenbank die Finanzierung des Staates übernehmen würde.

Die internationalen Geldgeber Athens haben die noch fälligen Hilfen aus den Hilfsprogrammen von 7,2 Milliarden Euro auf Eis gelegt. Die Mittel sollen erst freigegeben werden, wenn Athen eine konkrete Liste von Reformen vorlegt und diese auch umsetzt. Die Europartner monieren, dass dies bislang ausblieb. Sie hatten das laufende Hilfsprogramm für die Griechen bis Ende Juni verlängert.

Griechenlands Banken am Tropf der EZB

Experten aus Athen und der Geldgeber-Institutionen treffen sich auch an diesem Wochenende in Brüssel, um über die geforderte Reformliste zu beraten. Schäuble zeigte sich skeptisch: "Nach allem, was wir bis jetzt wissen, werden wir in Riga vermutlich auch nicht so weit sein, dass wir einen Bericht der Institutionen bekommen, um uns dann substanziell damit beschäftigen zu können." Athener Regierungskreise zeigten sich dagegen optimistisch, bis Ende des Monats eine Lösung zu finden.

Die bisherigen Hilfen für Griechenland belaufen sich auf 240 Milliarden Euro. Um eine Pleite abzuwenden, muss Athen am 12. Mai knapp 770 Millionen Euro an den IWF zurückzahlen. Währungsfonds-Chefin Christine Lagarde lehnte einen Zahlungsaufschub ab. Zudem muss Athen am 8. und am 15. Mai jeweils 1,4 Milliarden Euro an Papieren mit einer drei- bis sechsmonatigen Laufzeit refinanzieren.

Angesichts der schweren Finanzkrise ziehen die Griechen derweil immer mehr Geld von ihren Konten ab. Die Einlagen sanken nach Angaben von Geldinstituten auf den niedrigsten Stand seit Ausbruch der Schuldenkrise. Bis Ende März schrumpften die Geldeinlagen auf rund 135 Milliarden Euro von mehr als 160 Milliarden Euro im Dezember. Die griechischen Banken sind wegen der starken Mittelabflüsse auf Notkredite von der Zentralbank des pleitebedrohten Landes angewiesen, die von der EZB bewilligt werden müssen.

Am Montag schon pleite?

Die griechische Regierung läuft offenbar Gefahr, die Gehälter und Pensionen der Staatsbediensteten nicht auszahlen zu können. Griechenland werde sämtliche noch verbliebenen Barreserven im öffentlichen Sektor anzapfen müssen, um Ende April die fälligen zwei Milliarden Euro zu berappen, sagten Vertreter des Finanzministeriums. Gelinge dies nicht, würden wohl 1,6 Milliarden Euro fehlen.

Seit Monaten habe die Regierung sich bereits Geld von verschiedenen Teilen der staatlichen Verwaltung geliehen, darunter die Athener U-Bahn, um die Gehälter und Pensionen der Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst zu begleichen. Doch jetzt sei das Ende der Fahnenstange erreicht, so die Ministeriumsmitarbeiter. Nur bei einigen Pensionsfonds und Regionalverwaltungen gebe es noch etwas zu holen. Kratzt die Regierung dort nicht die benötigten Gelder zusammen, werde der Kassenbestand ab Montag negativ sein.

Wann die Athener Kassen leer sind, weiß niemand genau, weil die Regierung die Vertreter der Gläubiger-Institutionen EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds noch immer nicht in die Bücher schauen lässt. Der Chef des Euro-Rettungsschirms ESM, Klaus Regling, warnte kürzlich, der Liquiditätspuffer der Griechen sei mittlerweile sehr klein.

dk/ul (dpa/rtr)