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Assad: Vom Feind zum Freund?

Anne Allmeling11. Februar 2015

Lange hat der Westen einen großen Bogen um Baschar Al-Assad gemacht. Doch offenbar wird der syrische Diktator über Luftangriffe auf Stellungen der IS-Terrormiliz informiert. Die internationale Front gegen ihn bröckelt.

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Der syrische Präsident Bashar al-Assad Syrien (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Sana

Eine Einladung in den Elysée-Palast - davon kann Syriens Diktator Baschar Al-Assad heute nur noch träumen. Zwar ist es gerade einmal vier Jahre her, dass er mit Frankreichs damaligem Staatschef Nicolas Sarkozy gemeinsam zu Mittag aß. Der hatte ihn im Dezember 2010 nach Paris eingeladen, um die - lange Zeit unterkühlten - Beziehungen zu Damaskus zu stärken. Doch dann kam der so genannte Arabische Frühling. Seit den ersten Protesten gegen das System hat sich der syrische Präsident derart viel zu Schulden kommen lassen, dass sich in absehbarer Zeit kein westlicher Politiker mit ihm zeigen wird. Im Kampf gegen seine Gegner gilt Assad als besonders grausam - gerade, wenn es sich dabei um die eigene Bevölkerung handelt.

Das kleinere Übel?

International gilt Assad als isoliert, zumindest im Westen. Doch seit die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) weite Teile des Irak und den Norden Syriens unter ihre Kontrolle gebracht hat, erscheint der Diktator manchen Beobachtern bereits als das kleinere Übel. Kaum einer rechnet mehr mit einem baldigen Sturz von Assad, der - anders als die umstrittenen Machthaber in den anderen arabischen Republiken - trotz heftiger Proteste und Bürgerkrieg weiterhin an der Spitze des Staates steht. Eine Strategie für ein Syrien ohne Assad fehlt bis heute, denn die Radikalen sind auf dem Vormarsch, die syrische Opposition ist zerstritten und der Westen uneins, wie er reagieren soll.

Lunch im Elysée-Palast: Baschar Al-Assad mit Nicholas Sarkozy in Paris (Foto: AFP)
Lunch im Elysée-Palast: Baschar Al-Assad mit Nicholas Sarkozy in ParisBild: AFP/Getty Images

Trotz des Drängens seiner Verbündeten am Golf hat der Westen lange nichts getan - ein Grund, warum der IS erstarken konnte. Erst als die Bedrohung der syrischen und irakischen Bevölkerung durch die Islamisten nicht mehr zu übersehen war, schmiedeten die USA eine Allianz gegen die Terrormiliz. Mehrere arabische Staaten beteiligen sich daran. Die internationale Koalition bombardiert Stellungen der Terroristen. Für sie ist Baschar Al-Assad längst nicht mehr der Hauptfeind. Der syrische Präsident hat jetzt sogar zugegeben, "Informationen" über bevorstehende Angriffe zu erhalten. "Keine direkte Zusammenarbeit", wie er in einem Interview mit der BBC betont, aber "Informationen durch dritte Parteien, andere Staaten".

Annäherung an den Diktator

Wer für diesen Informationsfluss sorgt, ist nicht bekannt. Klar ist aber: Mit dem "Islamischen Staat" bekämpfen der syrische Präsident und die internationale Koalition den gleichen Feind. Das Problem an dieser Kooperation: Baschar Al-Assad hat noch zahlreiche weitere Feinde, die er brutal unterdrückt. Genau dagegen kann und will die Anti-IS-Allianz aber nicht vorgehen, solange sie gemeinsam mit Assad gegen die Terroristen des IS kämpft. Anders als der syrische Diktator gilt der IS als Gefahr für die gesamte Region, was er mit der Ausrufung eines Kalifats im Juni 2014 ausdrücklich unterstrichen hat. Vor diesem Hintergrund rückt der Westen nun wieder ein klein wenig an Assad heran - eine Annäherung an einen Diktator, die sich auch in Ägypten beobachten lässt. Dort geht Staatschef Al-Sisi brutal gegen seine Gegner vor, die sich zum Teil - wie auf dem Sinai - ihrerseits dem IS angeschlossen haben. Im Bündnis mit den USA kämpft Al-Sisi inzwischen gegen die IS-Terroristen.

Jordanischer Kampfjet (Foto: dpa)
Kampf gegen den IS: Jordanische Jets fliegen Angriffe auf Stellungen der TerroristenBild: picture-alliance/dpa/Jordan News Agency/Handout

Der "Islamische Staat" ist mittlerweile so stark, dass er die Brutalität der traditionellen arabischen Diktatoren in den Schatten stellt. Die Rufe nach einem Sturz des syrischen Systems sind leiser geworden. Die USA trainieren zwar immer noch Aufständische und rüsten sie mit Waffen aus - doch inzwischen vor allem für den Kampf gegen den IS, nicht gegen die syrische Regierung. Auf eine Rehabilitierung wird Assad zwar vermutlich vergeblich warten müssen. Aber an der Macht zu bleiben, dürfte dem syrischen Diktator vorerst reichen.