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Asiatische Innovation

Frank Sieren24. Juli 2014

Die besten Autos der Welt kommen aus Deutschland. Die innovativsten Autobatterien inzwischen aus Asien. Diesen Trend sollte man nicht unterschätzten, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Auto China 2014 Volkswagen Hybrid
Bild: Reuters

Keine Regierung ist mehr unter Druck, Elektroautos einzuführen, als die chinesische. Der Smog in den Großstädten senkt die Lebensqualität. Die Menschen werden unruhig. Autoabgase sind laut Pekinger Umweltamt mit gut 22 Prozent die Hauptursache der dicken Luft.

Gleichzeitig hat keine Regierung mehr Macht als die autoritäre chinesische, die E-Autos im Alltag durchzusetzen. Sie kann entscheiden, dass Autokäufer bis zu 50 Prozent des Kaufpreises vom Staat erstattet kriegen, wenn sie sich für ein Elektroauto entscheiden. Und jüngst wurde entschieden, dass jedes dritte Auto, das der Staat für seine Bediensteten kauft, künftig mit Strom fahren soll. Und allein das bedeutet: Schon bald werden fünf Millionen Elektrofahrzeuge mehr auf Chinas Straßen unterwegs sein. So schnell geht das in China, dem größten Automarkt der Welt mit 18 Millionen Neuwagen im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: in Deutschland waren es etwa drei Millionen. Ein leicht schrumpfender Markt.

Mit Ausnahme von Mercedes verkaufen alle deutschen Marken in China mittlerweile mehr als daheim. Und sie werden auch bald mehr E-Autos als zu Hause verkaufen.

Technologieentwickler Asien

In China werden inzwischen nicht nur neue Technologien durchgesetzt. In Asien werden sie auch immer mehr entwickelt. Und von dort bekommen die deutschen „unzerstörbaren Motoren“, wie ein Pekinger Taxifahrer es formuliert, nun mehr Konkurrenz. Früher hieß es, wer den besten Motor hat, der hat das beste Auto. Das gilt noch immer. Inzwischen ist das Marketing aber fast genauso wichtig geworden.

In Zukunft jedoch wird es bei den Autos vor allem um Marketing und Batterien gehen.

Bei Batterien ist Asien Technologieführer. Und was das Marketing angeht, haben Unternehmen wie Samsung mit ihren Smartphones bewiesen, dass sie eine Weltmarke entwickeln können, die Apple das Fürchten lehrt.

Doch für die Autoinnovation sind derzeit die Batterien erst einmal wichtiger. Batteriehersteller aus Japan, Südkorea und China, sind inzwischen so fortschrittlich, dass den großen deutschen Autoherstellern nichts anderes übrig bleibt als mit ihnen zusammenzuarbeiten. Mercedes kooperiert mit dem chinesischen Elektroautobauer BYD und hat in diesem Jahr das erste E-Auto für China vorgestellt. BMW ist noch einen Schritt weiter gegangen hat gleich zwei asiatische Partner. Mit dem südkoreanischen Konzern Samsung haben die Münchner ein Milliarden-Geschäft für neue Akkus abgeschlossen. Dabei geht es nicht nur darum, Akkus an die Bayern zu liefern, sondern auch darum, in der Forschung zusammenzuarbeiten. Und BMW arbeitet mit dem japanischen Autobauer Toyota zusammen, dem Technologieführer für Hybridmotoren. Ähnliches tut auch der amerikanische E-Sportwagenhersteller Tesla, der allerdings auch eigene Batterien entwickelt hat und der einzige westliche Elektroauto-Pionier ist. Allerdings macht das Unternehmen noch immer Verluste. Weil Tesla zu klein ist, hat sich das Unternehmen jüngst mit dem japanischen Elektronikkonzern Panasonic zusammengetan um neue Batterietechnologien zu entwickeln. Sie wollen nicht wie bisher nur Luxuswagen bauen, sondern auch ein Mittelklasseauto anbieten. Selbst im Silicon-Valley ist man also inzwischen gezwungen, sich mit Asien zusammen zu tun.

Frank Sieren Kolumnist Handelsblatt Bestseller Autor China
Bild: Frank Sieren

Akkus sind Trumpf

Interessant dabei ist, dass die führenden Anbieter in diesem Bereich gar nicht aus der Autoindustrie kommen, sondern Hersteller von Unterhaltungselektronik sind. Sie haben sich im Unterschied zu den westlichen Elektronikmarken mehr auf die Stärke von Batterien konzentriert. Apple hingegen zeichnet sich eher durch gute Software und cooles Design aus, als durch ihre starken Akkus. Innovation in der kostengünstigen Energieeffizienz bekommt man also in Asien. Und auch bei den E-Autos sind der Preis und die Reichweite entscheidend. Steuererleichterungen und Subventionen für E-Fahrzeuge funktionieren nicht, wenn man damit nicht weit kommt und keine Möglichkeit hat, sie unterwegs aufzuladen. Deutsche Autobauer sind zwar in der Lage einen Elektromotor herzustellen und in einem schicken Auto einzubauen. Bislang macht dieser aber noch mehr als ein Drittel des Gesamtpreises aus und hat mit ein paar Hundert Kilometern keine überzeugende Reichweite.

Die Asiaten haben also derzeit drei gute Trümpfe in der Hand, mit denen sie die Technologieführerschaft des Westens weiter relativieren und womöglich das Spiel zu ihren Gunsten drehen können: Politische Implementierungsmacht, technologische Innovationsmacht in zentralen Technologien und die Macht eines großen ungesättigten Marktes.

Dass deutsche Autos deshalb eines Tages alt aussehen, ist nun zumindest denkbar. Erst, wenn das Topmanagement der deutschen Autohersteller nicht mehr von Ottomotoringenieuren, sondern von Batterie-, Marketing- oder Designspezialisten dominiert wird, haben die Deutschen die Herausforderung gemeistert.

DW-Korrespondent Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.