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Argentinien schränkt Bargeldabhebung ein

Ulrich Achermann/mik3. Dezember 2001

Argentinien taumelt von Krise zu Krise. Jetzt dürfen die Bürger nur noch 1.000 Dollar monatlich von ihren Konten abheben.

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Kunden vor einer Bank in Buenos AiresBild: AP

Das hochverschuldete Argentinien hat am Wochenende ein Maßnahmenpaket zur Sicherung seines Finanzsystems erlassen, das unter anderem Bargeld-Abhebungen der Bürger auf 1.000 Dollar pro Monat beschränkt. Zudem sollen nach einem Dekret von Präsident Fernando de la Rua Auslandsüberweisungen limitiert werden, um die Kapitalflucht zu stoppen.

Die Beschränkungen werden demnach 90 Tage in Kraft bleiben und sollen das Land bei der Bewältigung seiner aktuellen Finanzkrise unterstützen. Zuvor bereits hatte die Regierung die Landeswährung Peso im Verhältnis 1:1 an den US-Dollar gekoppelt.

Stunde der Wahrheit

Die Schalteröffnung in den Banken ist die Stunde der Wahrheit. Dann stehen die Teileinfrierung von Konten, die Beschränkungen beim Umlauf von Bargeld erstmals auf der Probe. "Für die, die Geld haben, wird es kompliziert, für uns, die wir keins haben, bleibt alles beim alten", sagt ein Argentinier zu den Auswirkungen der Finanzkrise.

Am Montag werden die Bürger zu tausenden vor die Banken ziehen, um am Schalter entweder gleich das Maximum der erlaubten Bargeldsumme von umgerechnet 2.000 Mark pro Monat abzuheben - oder um ein Konto zu eröffnen. Denn seit die Bargeldbeschränkungen in kraft sind, zählt nur noch, wer ein Konto oder mindestens eine Kreditkarte hat. Alles, was über 2.000 Mark hinaus geht, dürfen auch die Lohnempfänger und Familien nur noch bargeldlos ausgeben, sei es mit Bankschecks oder mit Kreditkarte.

Beschwichtigungen der Politiker

Wirtschaftsminister Domingo Cavallo bemüht sich die Einschränkungen zu erklären. "Wir wollen niemanden benachteiligen, sondern allein die Sparguthaben beschützen." Pech aber haben diejenigen, die in der Schattenwirtschaft tätig sind. Quittungen, Bankschecks oder Kreditkarten sind dort unbekannt, das Maß aller Dinge ist das Bargeld. Für diese Menschen ist es nun fast unmöglich ihre ohnehin kärglichen Löhne zu kassieren. Reibereien sind daher fast sicher, auch größere Unruhen nicht auszuschließen. Denn die Schattenwirtschaft des Landes, die 40 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung erbringt, beschäftigt Hunderttausende.

Die Politik versucht ungeachtet der Krise, den Menschen den Eindruck zu vermitteln, sie habe die Lage unter Kontrolle. "Die Eins-zu-Eins-Bindung des Peso an den US-Dollar werde beibehalten", verspricht Wirtschaftsminister Cavallo.

Allerdings glauben die Leute dem 'Zauberer von Buenos Aires', der mit immer neuen Tricks den Absturz des Landes in die Zahlungsunfähigkeit hinaus schiebt, immer weniger. Der Druck, den Peso endlich freizugeben und damit abzuwerten würde wohl Argentiniens Schwäche im Außenhandel schlagartig beheben und eines der Strukturprobleme lösen. Gleichzeitig wäre eine Abwertung auch das Ende für viele Dollar-verschuldete Unternehmen und kleingewerbliche Betriebe.

Schrecken ohne Ende

Letzten Freitag erwarteten die Argentinier das Ende der Währungsbindung, eilten zu den Banken und zogen umgerechnet zwei Milliarden Mark ab. Hätte der Wirtschaftsminister am Wochenende nicht die Notbremse durch die Bargeldbeschränkungen gezogen, dann wären schon am Montag die ersten Banken pleite gewesen.

Das Ziel der Maßnahmen der Regierung ist ein Ende der Kapitalflucht. Das dringendste Problem, die Überschuldung, löst Argentinien aber damit nicht. Wahrscheinlich mühen sich die Argentinier jetzt mit Bargeldbeschränkungen ab, die nur den Leidensweg des eigentlich bankrotten Landes verlängern.