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Annette Schavan vor Wechsel nach Rom?

4. Februar 2014

Das Bundeskabinett muß noch zustimmen. Doch dann könnte Annette Schavan Botschafterin Deutschlands im Vatikan werden. Ist die wegen einer Plagiatsaffäre zurückgetretene Ex-Ministerin bereit für den Wechsel nach Rom?

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Vatikan Päpstliche Schweizergarde
Bild: Filippo Monteforte/AFP/Getty Images

Vom Job des deutschen Botschafters beim Heiligen Stuhl schwärmte schon Willy Brandt. "Ist doch herrlich, leben in Rom, gutes Essen, Reichtum an Kultur und kluge Gesprächspartner", sagte der SPD-Politiker einmal. Den so gepriesenen Posten soll nun Annette Schavan bekommen. "Anders als Brandt dürften die 58-Jährige weniger die weltlichen, als mehr die religiösen Aspekte reizen", resumiert ein Agenturkorrespondent: "Schavan entspricht ganz dem Klischee der frommen Katholikin."

Rücktritt wegen Plagiatsaffäre

Als Politikerin hat sich Annette Schavan (CDU) zeitlebens vor allem um Bildungsthemen gekümmert. Von 1995 bis 2005 war sie baden-württembergische Kultusministerin, danach acht Jahre Bundesbildungsministerin. Die Plagiatsaffäre um ihren Doktortitel zwang sie im vergangenen Jahr zum Rücktritt.

Merkel und Annette Schavan Rücktritt Plagiatsaffäre
Rücktritt wider Willen: Annette Schavan gibt Ihr Ministeramt wegen der Plagiatsaffäre aufBild: REUTERS

Der 1980 mit der Dissertation "Person und Gewissen" erworbene Doktortitel wurde ihr vor einem Jahr von der Universität Düsseldorf wegen "vorsätzlicher Täuschung durch Plagiat" aberkannt. Schavan bestreitet die Vorwürfe und kämpft bis heute vor Gericht um ihren Titel. Nach dem Rücktritt wurde es politisch still um die 58-Jährige. Ihr Ruf scheint bei den Menschen nicht gelitten zu haben: Bei der Bundestagswahl im September gewann die gebürtige Rheinländerin das Direktmandat im Wahlkreis Ulm und zog wieder in den Bundestag ein. Dieses Mandat wird sie nun allerdings aufgeben müssen.

Erste Deutsche auf dem Botschafterposten

Der derzeitige Vertreter im Vatikan, Reinhard Schweppe (64), geht im Sommer in den Ruhestand. Anders als Schweppe verfügt Schavan zwar nicht über eine diplomatische Ausbildung. In ihrer fast acht Jahren dauernden Zeit als Bundesministerin für Bildung und Forschung behauptete sie sich aber mit großem diplomatischen Geschick und Hartnäckigkeit auf dem komplizierten Feld des deutschen Bildungsföderalismus.

Annette Schavan Audienz beim Papst
Treffen mit Ex-Papst Benedikt IVI.: Annette Schavan soll Botschafterin beim Heiligen Stuhl in Rom werdenBild: picture-alliance/dpa

Als Botschafterin wäre Annette Schavan für die Kontaktpflege zur Kurie der katholischen Kirche zuständig. Der direkte Austausch mit dem Papst und den Kardinälen würde Teil ihres Aufgabengebiets. Eine größere Nähe zum Innenleben der katholischen Kirche kann es für einen deutschen Laien kaum geben. Schavan wäre für Deutschland die erste Frau auf diesem Posten. Laut Päpstlichem Jahrbuch von 2013 sind derzeit 22 Botschafterinnen beim Heiligen Stuhl akkreditiert, darunter die Vertreterinnen der Vereinigten Arabischen Emirate und der Europäischen Union.

Annette Schavan verliert Doktortitel
Dienstreise für 150.000 Euro: Annette Schavan, die künftige deutsche Botschafterin im VatikanBild: Getty Images

Schavan ist studierte Theologin

Vor dem Aufkommen der Plagiatsvorwürfe war Schavan eine anerkannte Ministerin. Kritik brachte ihr ausgerechnet eine Reise an ihren künftigen Arbeitsort ein: Im Jahr 2011 nutzte sie trotz einer guten Anbindung mit Linienflügen die Flugbereitschaft, um in den Vatikan zu reisen, wo sie Papst Benedikt XVI. traf. Kosten der Dienstreise: Rund 150.000 Euro.

Für die Kurie in Rom dürfte Schavan als Botschafterin eine kompetente Gesprächspartnerin sein. Die am 10. Juni 1955 in Jüchen im Kreis Neuss geborene Politikerin studierte nach dem Abitur unter anderem Katholische Theologie. Ihre ersten Karriereschritte machte sie in kirchlichen Einrichtungen – im katholischen Cusanuswerk und im Bistum Aachen.

Von 1994 bis zu ihrem Einzug in den Bundestag 2005 war sie zudem Vizepräsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, der katholischen Laienorganisation. Dieser Stallgeruch schützte sie allerdings nicht vor Kritik aus der Kirche. Als der CDU-Parteitag 2007 einen Beschluss für eine Lockerung des Stammzellengesetzes fasste, warf der Kölner Kardinal Joachim Meisner der damaligen stellvertretenden CDU-Chefin Prinzipienlosigkeit und einen Missbrauch des Wortes "katholisch" vor.

sd/gb (kna, dpa, afp)