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Afrikas Kampf gegen den Hunger

Philipp Sandner23. September 2013

Mit der "Maputo-Erklärung" wollte die Afrikanische Union 2003 verstärkt gegen den Hunger vorgehen. Zehn Jahre später kämpft sie mit unverminderter Entschlossenheit - und gegen die gleichen Probleme.

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Eine afrikanische Frau trägt mehrere Wasserkanister (Foto: GettyImage)
Bild: ABDELHAK SENNA/AFP/GettyImages

Der Kampf gegen den Hunger ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die Vereinten Nationen haben diese Aufgabe zum wichtigsten ihrer Millennium-Entwicklungsziele erklärt. Erst Anfang des Monats warnte die Welternährungsorganisation (Food and Agriculture Organization - FAO): Elf Millionen Menschen in der Sahelzone leiden an Nahrungsmittelknappheit. Arme Familien hätten ihre Vorräte verbraucht und seien nun auf den Zukauf teurer Lebensmittel angewiesen, erklärt die Organisation - und ruft die Internationale Gemeinschaft zu Spenden auf.

Die betroffenen Viehhalter und Kleinbauern hätten generell nur geringe Rücklagen und seien außerdem großen Risiken wie den extremen Wetterbedingungen der Sahelzone ausgesetzt, so James Tefft vom FAO-Afrikabüro in Ghana. "Da die Produktivität in diesen trockenen Gebieten ohnehin sehr niedrig ist, kann jeder Schock zu großen Schwierigkeiten führen", erklärt er im DW-Interview. "Wenn es dann zu Preisschwankungen kommt, ist das dramatisch für Menschen, die am Existenzminimum leben."

Karte der Sahelzone (Grafik: DW)
Zwischen Savanne im Süden und Sahara-Wüste im Norden: die Sahelzone

Ein Umbau mit Hindernissen

Vier von fünf Afrikanern leben von der Landwirtschaft. Um einer wachsenden Bevölkerung ausreichend Nahrung zu bieten, muss die Produktion steigen. Das hat die Afrikanische Union (AU) schon früh erkannt. 2013 jährte sich zum zehnten Mal die Verabschiedung der "Maputo-Erklärung". Bei ihrem damaligen Gipfel in der mosambikanischen Hauptstadt Maputo formulierten afrikanische Staaten das Ziel, mindestens zehn Prozent ihrer Budgets in den Agrarsektor zu stecken. Außerdem strebten sie für den Sektor ein jährliches Wachstum von sechs Prozent an.

Das Zehn-Prozent-Ziel klinge zunächst nicht sehr ambitioniert, sagt Francisco Marí von der deutschen Nichtregierungsorganisation "Brot für die Welt - Evangelischer Entwicklungsdienst" im Gespräch mit der DW. Die Ausgangslage sei aber schwierig gewesen: "In den Jahren zuvor musste vielfach die Unterstützung der Kleinbauern zurückgefahren werden - auch aufgrund der Forderungen westlicher Länder an afrikanische Staaten, Schulden zurückzuzahlen." So seien etwa staatliche Subventionen, Beratungsprogramme für Bauern oder tierärztliche Projekte weggefallen. In Maputo entschieden sich die Staatschefs dann für einen Kurswechsel.

Mageres Kind in Afrika (Foto: dpa)
Auch viele Kinder in Afrika müssen hungernBild: picture-alliance/dpa

Welche Prioritäten?

Ein Jahrzehnt später bleiben viele Länder hinter den Zielen zurück. Zehn der 54 Mitgliedsstaaten hätten die Zehn-Prozent-Marke erreicht, so die AU-Kommissionsvorsitzende Nkosazana Dlamini-Zuma. "Dieses Ergebnis nach zehn Jahren ist nicht sehr ermutigend", sagt James Tefft von der Welternährungsorganisation. Er gibt aber auch zu bedenken, dass ein Blick auf das Agrarbudget allein noch nicht sehr aussagekräftig sei. Wichtig seien in diesem Zusammenhang auch die Investitionen in Straßen oder Elektrizität. "Es ist also schwer einzuschätzen, ob die zehn Prozent im Einzelfall ausreichen oder nicht." Ein Erfolg der AU-Erklärung sei, dass es nun mehr Koordination und einen umfassenden institutionellen Rahmen für den Umbau der Landwirtschaft gebe.

Auch Francisco Marí ist sich sicher: "Mehr Geld allein ist nicht die Lösung". Vielmehr sei die Qualität der Förderung entscheidend. In Ghana zum Beispiel fließe ein Großteil der Investitionen in die Technologisierung der Landwirtschaft. Das sei nicht immer sinnvoll, sagt Marí. "Die haben ein Subventionsprogramm für Traktoren. Die Produktion ist in Afrika meist sehr kleinteilig mit kleinen Feldern von zweieinhalb Hektar - da können Sie mit einem Traktor nichts anfangen." Um den Bedürfnissen der afrikanischen Bevölkerung zu entsprechen, sollte die Afrikanische Union viel mehr die Kleinbauern fördern, so Marí. Auch der binnenafrikanische Markt müsse ausgebaut werden. Das könne Produzenten widerstandsfähiger machen gegen die internationalen Preisschwankungen.

Nkosazana Dlamini-Zuma (Foto: AFP/Getty Images)
Nkosazana Dlamini-ZumaBild: Mulugeta Ayene/AFP/Getty Images

Der Weg in die Zukunft

Nach Ansicht des FAO-Experten James Tefft muss es in Zukunft vor allem darum gehen, die erfolgreichen Ansätze bekannter zu machen. "Es gibt viel Innovation, viele gute Erfolgsmodelle", so Tefft. Diese kämen aber nur bei einem kleinen Teil der Bevölkerung an. Teffts Vision: ein Programm, um diese Erfolgsmodelle herauszufiltern und zugängig zu machen, damit mehr Kleinbauern davon profitieren können.

Dass der Kampf gegen den Hunger zehn Jahre nach der Maputo-Erklärung noch lange nicht gewonnen ist, haben die afrikanischen Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfeltreffen im Juli im äthiopischen Addis Abeba anerkannt. Sie verkündeten dazu eine neue internationale Partnerschaft, um den Hunger bis 2025 zu beenden. Mit dabei: das brasilianische Institut Lula und die Welternährungsorganisation. Die Bekämpfung des Hungers bleibt auch weiter Priorität auf der Agenda der Afrikanischen Union. Sie erklärte 2014 zum Jahr der Landwirtschaft und der Ernährungssicherheit.

Plakette im Vordergrund des AU-Sitzes in Addis Abeba (Foto: Getty Images)
Neue Zielsetzung in Addis AbebaBild: Getty Images