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Das nächste große Ding

Peter Hille3. Juli 2014

Ungezügelte Begeisterung für Mobiltelefone. Eine aufstrebende Internet-Szene. Und jeder zweite ist jünger als 25. Bester Nährboden für digitale Innovationen aus Afrika. Doch wo bleiben die mobilen Erfolgsgeschichten?

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Schüler aus Johannesburg vor einem Computer (Foto: ALEXANDER JOE/AFP/Getty Images)
Bild: Alexander Joe/AFP/Getty Images

Die Taxifahrt in Nairobis Central Business District ist schnell bezahlt, per Handy. Unterwegs noch etwas Geld an die Mutter im Heimatdorf überweisen für den nächsten Großeinkauf? Ebenfalls in Sekunden mit dem Mobiltelefon möglich. Das Bezahl-System M-Pesa ist eine Erfolgsgeschichte. Zwei von drei Kenianern nutzen mobile Geldbörsen. Und über den afrikanischen Kontinent hat sich die Idee bis nach Afghanistan und Rumänien ausgebreitet.

Nur leider ist diese Erfolgsgeschichte schon sieben Jahre alt. Und seitdem? Hat die afrikanische Start-Up-Szene die hohen Erwartungen an das "nächste große Ding" auf dem Handy oder Tablet nicht erfüllen können.

"Die ganze Branche in Kenia, in Nigeria oder Ghana ist eben noch ziemlich jung", sagt Julia Manske. Für das Vodafone-Institut, Denkfabrik des Mobilfunk-Konzerns, hat sie die afrikanische Digital-Szene besucht. Auf dem DW Global Media Forum in Bonn berichtete sie von ihren Eindrücken. Besonders aktiv sind demnach die Programmierer in Nairobi. Die Hauptstadt Kenias wird immer wieder gerne "Silicon Savannah" genannt.

Julia Manske von der Stiftung Neue Verantwortung (Foto: DW/K. Danetzki)
Julia Manske hat die Start-Ups in Nairobi besuchtBild: DW/K. Danetzki

"Aber wenn man das mit dem Silicon Valley in Kalifornien vergleicht, dann fehlen die Universitäten als Unterstützer im Hintergrund", so Kulturwissenschaftlerin Manske. Und frühere Gründer, die ihre Gewinne wieder investierten in neue Ideen. In Afrika mangele es besonders oft an Kapital. "Es braucht eben erst einmal viele Misserfolge, bis einige Start-Ups sich durchsetzen."

Erst die Miete, dann das Meeting

Außerdem hätten es IT-Experten in ärmeren Ländern wie Kenia schwerer, ihre Ideen zu Geld zu machen. Viele junge Gründer müssten darum kämpfen, Miete und Essen zu bezahlen. Da falle es schwerer, sich aufs Geschäft zu konzentrieren. "Und in manchen Gegenden ist selbst der Internetzugang immer noch langsam und wenig stabil", sagt Manske.

Deshalb ist Misserfolg in Afrikas Internet-Industrie die Regel, nicht die Ausnahme. "Es gab dieses Start-Up, das Kleidung übers Internet verkaufen wollte", erzählt Manske. "Und das hat leider nicht funktioniert, weil die Infrastruktur in vielen afrikanischen Ländern fehlt, die Straßen, die Zulieferer."

Wird man also noch lange warten müssen auf ein zweites M-Pesa? Nicht unbedingt. Schließlich gibt es laut Manske weitere Erfolgsgeschichten aus Afrika: die Crowd-Sourcing Software Ushahidi, das Betriebssystem Ubuntu oder Brck, den schwarzen Klotz. Ein Gerät, das User in Zukunft auch von der Mitte des Nirgendwo aus mit dem Netz verbinden soll.

Eine Hand hält ein altes Mobiltelefon (Foto: picture-alliance/Robert Harding World Imagery)
Alt, aber es funktioniertBild: picture-alliance/Robert Harding World Imagery

Postnatale SMS

Und wo liegt nun die Zukunft für Afrikas Programmierer? Vielleicht im Bereich "mobile Gesundheit". Gerade dort, wo Kliniken rar und Krankenakten selten sind, könnte eine Arzt-App eine Alternative sein. Oder sogar die gute, alte SMS: "Durch die Kurz-Nachrichten habe ich gelernt, wie ich mich am besten um mein Baby kümmern kann," erzählt Melisa Ali, frisch gebackene Mutter aus Tansania.

Sie ist eine von rund 400.000 Abonnentinnen des "Healthy-Baby"-Dienstes, der größten mobilen Gesundheitskampagne in Afrika. Per SMS gibt es Tipps für Mutter und Kind, schon während der Schwangerschaft und genau angestimmt auf die Abonnentinnen. "Mein Mann hat mir davon erzählt, er hatte sich zuerst registriert und mir das weitergeleitet", so Ali weiter. "Nach der Geburt habe ich mich dann als frisch gebackene Mutter angemeldet."

Bas Hoefman, Social Entrepreneur und Gründungsdirektor von "Text to Change (TTC)" (Foto: DW/K. Danetzki)
Bas Hoefman setzt auf SMSBild: DW/K. Danetzki

Von Amsterdam bis Arusha

Die Technik hinter dem Dienst allerdings kommt aus Europa. Das Sozialunternehmen Text to Change hat eine Plattform entwickelt, mit der sich interaktive SMS-Kampagnen steuern lassen. "Das ist eine Partnerschaft", sagt Bas Hoefman, Gründer von Text to Change aus der niederländischen Hauptstadt Amsterdam. "Das tansanische Gesundheitsministerium hat die Federführung und viele Organisationen sind beteiligt", so Hoefman. "Alle Mobilfunkanbieter im Land arbeiten mit. Ohne solche Partnerschaften kann man keine Projekte stemmen, die viele Menschen erreichen sollen."

Vielleicht ist genau das das Erfolgsrezept für das nächste große Ding aus Afrika: die Zusammenarbeit von Gründern, IT-Experten und Investoren über Kontinente hinweg. Dank neu verlegter Breitbandkabel liegen zwischen Silicon Valley und Silicon Savannah ja nur einige Zehntelsekunden.