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Afrika als Chance

Christoph Hasselbach3. April 2014

Beim EU-Afrika-Gipfel in Brüssel wurde eine verstärkte Zusammenarbeit und enge Partnerschaft beschworen. Doch es offenbarten sich auch Probleme und Unterschiede, beispielsweise im Umgang mit Homosexualität.

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Nigerias Präsident Goodluck Jonathan und Angela Merkel (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Europa "entdeckt" Afrika von Neuem. Vor allem die europäischen Vertreter wurden in Brüssel nicht müde, die Bedeutung Afrikas und die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Kontinenten zu betonen. Der beiderseitige Handel ist in den vergangenen Jahren tatsächlich schnell gewachsen, ebenso wie einige der am stärksten prosperierenden Volkswirtschaften der Welt heute in Afrika liegen.

Beide Nachbarkontinente sind aber auch durch gemeinsame Probleme zur Zusammenarbeit verurteilt, sagt EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso: "Wenn sich der Terrorismus in der Sahelzone oder am Horn von Afrika ausbreitet, oder wenn Flüchtlingsströme unkontrollierbar werden, dann ist das eine Bedrohung sowohl Afrikas als auch Europas."

Europäische Soldaten werden gebraucht

Bei einigen wichtigen Krisenherden - wie in Mali oder der Zentralafrikanischen Republik - arbeiten Europäer und Afrikaner inzwischen eng zusammen. Grundsätzlich sind sich zwar beide Seiten einig, dass Afrika seine Probleme einschließlich seiner Sicherheitsfragen selbst lösen soll. Das geht aber nicht immer, wie Mohamed Ould Abdel Aziz, der Präsident der Afrikanischen Union, zugibt: "Selbst wenn wir Truppen haben, die eingreifen können, haben wir noch Schwächen bei Transport und Einsatzfähigkeit. In diesen Bereichen hat die Europäische Union eine wichtige Rolle zu spielen." Und diese Rolle will die EU noch weiter ausbauen.

Französischer und afrikanischer Offizier (Foto: ISSOUF SANOGO/AFP/Getty Images)
In der Zentralafrikanischen Republik arbeiten europäische und AU-Soldaten zusammenBild: Issouf Sanogo/AFP/Getty Images

Entwicklung löst viele Probleme

Ohne Sicherheit gibt es keine Entwicklung, so das gemeinsame Credo. Und umgekehrt braucht Afrika Entwicklung, damit die rasant wachsende Bevölkerung Arbeit findet. Und wenn die vielen jungen Afrikaner Arbeit haben, sagt Nkosazana Dlamini Zuma, die Kommissionspräsidentin der Afrikanischen Union, "dann werden sie auch gegen Verbrechen, Drogen und Menschenhandel eher gewappnet sein." Und dann werden auch weniger von ihnen versuchen, nach Europa zu kommen, ist das europäische Kalkül.

Hier gehen allerdings die Meinungen deutlich auseinander. Die EU-Seite steht unter dem Druck der heimischen Bevölkerung, afrikanische Flüchtlinge von Europa eher fernzuhalten. Deshalb drängt die Kommission auch afrikanische Regierungen, beim Kampf gegen illegale Migration, wie es offiziell heißt, mitzuhelfen, also zu versuchen, die eigene Bevölkerung an der Auswanderung nach Europa zu hindern.

Ein See verschwindet

Vor lauter Sicherheitsproblemen drohte der Klimawandel beim Gipfel zu kurz zu kommen. Darauf machte auch UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon am Rande des Treffens aufmerksam: "Die Lage in der Ukraine, in der Zentralafrikanischen Republik oder im Südsudan mag ja sehr ernst sein, aber wir müssen auch an die globalen Fragen denken."

Vieh am See (Foto: dpa)
Der Tschad-See bietet - noch - Trinkwasser für Mensch und ViehBild: picture-alliance/dpa

Idriss Déby, der Präsident des Tschad, klagte: "Der Klimawandel ist ein weltweites Phänomen, doch der Kontinent, der am wenigsten zum Klimawandel beiträgt, ist der afrikanische, gleichzeitig leidet er aber direkt unter den Folgen." Der Tschad-See, so Déby, sei dabei zu verschwinden. Er sei inzwischen auf ein Zehntel seiner Fläche von 1970 geschrumpft.

Knisternde Spannung beim Essen

Ein brisantes Problem zwischen Afrika und Europa bekam unterdessen eine persönliche Note. Bei einem Begrüßungsessen am Mittwochabend (02.04.14) forderte der belgische Ministerpräsident Elio Di Rupo die versammelten Staats- und Regierungschefs auf, die Rechte von Minderheiten zu achten, auch diejenigen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt würden. Di Rupo ist offen homosexuell. Unter den Gästen waren aber auch die Präsidenten von Nigeria und Uganda. In beiden Ländern wurden vor kurzem drakonische Gesetze gegen Homosexuelle verabschiedet. Von den beiden afrikanischen Staatschefs ist zwar keine Reaktion auf die Rede Di Rupos bekannt. Doch jeder im Saal dürfte die Spannung gespürt haben.

Der stets ausgleichende EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy fand am Ende des Gipfels aber auch zu den Streitpunkten die passenden Worte: "Selbst wo wir nicht überstimmen, können wir ehrlich miteinander reden und Gemeinsamkeiten suchen, um zusammen voranzugehen." Auch wenn der Gipfel kaum Konkretes zuwege gebracht hat, so sehen doch die meisten Teilnehmer eine insgesamt gute Atmosphäre bereits als Wert an sich.