Adventskalender aus 100 Jahren
Seit mehr als 100 Jahren begleiten uns Adventskalender durch die Vorweihnachtszeit. 200 Exemplare - von den Anfängen bis heute - zeigt die Ausstellung "Warten auf's Christkind".
Sammelleidenschaft
Viele Adventskalender-Freunde werden bis 1. Februar 2015 nach Kaufbeuren im bayerischen Allgäu pilgern. Kaum zu glauben, was sich kreative Weihnachtsbegeisterte seit Beginn des 20. Jahrhunderts ausgedacht haben, um das Warten auf das Lieblingsfest der Deutschen zu verschönern. Das Stadtmuseum zeigt, was eine leidenschaftliche Sammlerin von Adventskalendern in 40 Jahren zusammengetragen hat.
Das Prinzip Adventskalender
Die Regensburger Volkskundlerin Esther Gajek besitzt über 3000 verschiedenen Adventskalender. Die interessantesten Exemplare sind im Stadtmuseum Kaufbeuren zu bestaunen. Hier eines mit dem Motiv der achteckigen Kirche von Seiffen im Erzgebirge. Tief verschneite Weihnachtsidylle von 1966, ohne moderne Alltagsbezüge - ein Prinzip vieler Adventskalender.
Gerhard Lang - Erfinder des Adventskalenders
Katholiken steuerten zum Advents- und Weihnachtsbrauchtum die Krippen bei, also die figürliche Darstellung der Geburt Jesu. Vor genau 175 Jahren kreierte der evangelische Pfarrer und Erzieher Johann Hinrich Wichern in Norddeutschland den ersten Adventskranz. Und der schwäbischen Pfarrersohn Gerhard Lang erwarb sich Verdienste um den Adventskalender. Hier seine "Himmelsuhr", entstanden um 1925.
Schuld waren die "Wibele"
Langs Mutter nähte "Wibele" (Schwäbisches Gebäck) um 1885 auf einen bemalten Karton. An jedem Tag des Advents durfte ihr Sohn Gerhard eines davon essen. Das hat den Jungen scheinbar nachhaltig inspiriert: 1904 erschien der Ausschneidebogen "Im Lande des Christkinds". Die Gedichte dazu schrieb Lang selber, die Bilder ließ er malen. Damit gilt er als Erfinder des gedruckten Adventskalenders.
Adventskalender wird Verkaufsschlager
Gerhard Lang gründete einen Verlag. Seine Kreativität kannte kaum Grenzen. Viele seiner Entwürfe wurden Verkaufsschlager. Beim Kalender "Das Himmelsfenster" von 1933 stehen zwei Kinder vor einem zunächst verschlossenen Fenster. Dessen Scheiben werden Tag für Tag herausgebrochen. Schließlich sind nach und nach verschiedene kleine Engel mit Spielzeug, der Nikolaus sowie das Christkind zu sehen.
Den Advent versüßen
Ganz in der Tradition seiner Mutter brachte Gerhard Lang in Zusammenarbeit mit einem Kölner Schockladenhersteller Mitte der 1920er Jahre Süßes ins Spiel. Die kleinen Schokoladentäfelchen sollten den Kindern das Warten auf Weihnachten erträglicher machen. Die Motive haben inzwischen überwiegend keine christliche Ausrichtung mehr, wie "Die Himmelfahrt des Zwerg Nase" beweist.
Schätze aus Karton
Dass in Kaufbeuren viele Entwürfe Gerhard Langs zu sehen sind, wie hier "Christkindleins Haus", hat einen besonderen Grund. Esther Gajek, die Besitzerin der weltweit größten Sammlung von Adventskalendern, konnte Anfang der 1980er Jahre bei einer Auktion den Nachlass Langs erwerben. Ein Schatz, den die Volkskundlerin Stück für Stück entstaubt, gesichtet und erforscht hat.
Das Fertig-Haus-Prinzip
Irgendwann hat sich bei den Adventskalendern das Prinzip der aufklappbaren Türchen für jeden Tag durchgesetzt. Dennoch fällt dieses "Adventshäuschen" (1925) aus dem üblichen Rahmen der Darstellungsformen. Hier wurden die Türchen auf ein wirkliches Häuschen übertragen, das man zusammensteckte. In die Einzelteile zerlegt, konnte es übers Jahr verstaut und zum Advent wieder aufgebaut werden.
Bambi, Mickey Mouse und Donald Duck statt Christkind
Zu den moderneren Varianten in der Ausstellung gehört dieser Adventskalender mit Figuren von Walt Disney. In Deutschland erscheinen rund 1000 verschiedene Adventskalender pro Jahr. Der Marktanteil von Adventskalendern mit religiösen Motiven liegt bei etwa zehn Prozent, schätzt die Expertin Esther Gajek.