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US-Geiseln im Iran

20. Januar 2011

1979 stürmen 400 iranische Studenten die US-Botschaft in Teheran und nehmen 52 US-Bürger als Geiseln. Nach langem politischem Tauziehen werden sie endlich freigelassen – nach 444 Tagen am 20.01.1981.

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Jimmy Carter mit der befreiten US-Geisel Bruce Laingen (Foto: AP)
Jimmy Carter mit der befreiten US-Geisel Bruce Laingen - 444 Tage dauerte die Geiselnahme in TeheranBild: AP

Am frühen Morgen des 20. Januar 1981 wird der Teheraner Flughafen Mehrabad für jeden Verkehr gesperrt. Einzig eine Maschine der algerischen Fluggesellschaft "Air Algérie" bekommt Lande- und Starterlaubnis. Eine der größten Herausforderungen und Erniedrigungen der USA seit dem Ende des Vietnamkrieges steht vor einer entscheidenden Wende: 52 US-Geiseln sollen den Iran verlassen, nachdem sie 444 Tage dort festgehalten und zum Gegenstand hartnäckiger Verhandlungen zwischen beiden Staaten geworden waren. Einst Verbündete, hatten sie sich mit Beginn der Islamischen Revolution Anfang 1979 zu erbitterten Feinden gewandelt.

Die Affäre hatte am 4. November 1979 begonnen: Am späten Vormittag dringen knapp 400 iranische Studenten auf das Gelände der US-Botschaft in Teheran ein und nehmen 66 US-Bürger gefangen, die als Diplomaten oder anderes Personal dort tätig waren. Die Studenten fordern die Auslieferung des bei der Revolution geflüchteten Schahs durch die USA. Washington lehnt aber ab. Revolutionsführer Ayatollah Khomeini, der offenbar selbst überrascht wurde von der Botschaftsbesetzung, stellt sich hinter die Studenten: "Worauf es ankommt, das ist der Wert dieser Aktionen. Denn sie nehmen den Schwachen und Unterdrückten in aller Welt die Furcht. Jetzt, wo wir belagert wurden, hat sich unsere Jugend erhoben, hat die amerikanische Botschaft übernommen und über 50 Spione festgenommen." Natürlich würden sie die Geiseln gut behandeln, so Khomeini, denn das entspräche dem islamischen Charakter.

Eine der Geiseln wurde von den Entführern vorgeführt (Foto: AP)
Eine der Geiseln wurde von den Entführern vorgeführtBild: AP

"Keine religiösen Fanatiker"

Als Sprecherin der Studenten fällt eine junge Frau auf, die in den USA aufgewachsen war und die es später bis zur Ministerin und sogar Stellvertreterin von Präsident Mohamad Khatami bringen sollte. Massoumeh Ebtekar besteht darauf, dass die Botschaftsbesetzer nicht von religiösem Fanatismus getrieben wurden. Die meisten dieser jungen Leute, so Ebtekar, seien unter der Herrschaft des Schahs aufgewachsen. "Es war ein sehr westlich orientiertes Erziehungssystem. Sie wurden also nicht als religiöse Eiferer und Fanatiker erzogen", fügt sie hinzu.

Die Besetzung der Botschaft müsse im historischen Kontext gesehen werden, meint Ebtekar: Die Revolution war gerade eben vorbei, das Land hatte sich noch nicht erholt und man war offenbar noch nicht bereit, an den Sieg zu glauben: "Die Studenten hatten das Gefühl, dass die Revolution wieder unter konstanter ausländischer Bedrohung stand und dass die Geschichte sich wiederholen könnte."

Khomeini kommt aus dem Exil in Paris zurück (Foto: frei)
Rückkehr von Ayatollah Khomeini - Revolutionsführer und Gründer der Islamischen Republik Rechtseinräumung:

Intervention belastet die Beziehungen

Warnendes Beispiel war die amerikanische Intervention 1953 gegen den vom Parlament gewählten Ministerpräsidenten Mohamad Mossadegh. Er wurde durch einen CIA-Putsch gestürzt, um den Schah zurückzubringen, zu stärken und Washington gegenüber gefügiger zu machen. Bis der Schah dann endgültige 1979 gestürzt wurde.

Diese Intervention belastet das amerikanisch-iranische Verhältnis bis heute. Nur selten sind in den USA Stimmen zu hören, die darauf - und die eigene Mitschuld - hinweisen. Schon gar nicht in den langen Monaten der Botschaftsbesetzung und direkt danach. Der damalige US-Präsident Jimmy Carter, der kurz vor der Geisel-Freilassung abgewählt wurde, sagte: "er Iran - oder die Leute im Iran, die für diese kriminelle Tat verantwortlich sind - sollten von allen gesetzestreuen Menschen verurteilt werden."

Schah Reza Pahlavi (Foto: AP)
Sie wollten auch die Auslieferung des Schah erzwingen - die EntführerBild: AP

Carter versucht im April 1980, die Geiseln mit einer Kommandoaktion zu befreien: Die Operation endet in einem Fiasko: US-Hubschrauber und ein Transportflugzeug verunglücken in der iranischen Wüste, die Besatzung kommt um und in Teheran verstärkt sich der Verdacht, dass Washington erneut mit Gewalt einzugreifen bereit ist.

Rückgabe des Schah-Vermögens gefordert

Im Juli 1980 stirbt der Schah in Ägypten. Im September wird der Iran vom Irak überfallen - der erste Golfkrieg beginnt und dauert acht Jahre. Teheran fordert nun mit noch mehr Nachdruck die Rückgabe des Schah-Vermögens durch die USA, aber erst durch Vermittlung der algerischen Regierung gelingt es Ende 1980, Fortschritte zu erzielen: Präsident Carter erklärt sich bereit, für die Freilassung der 52 weiterhin festgehaltenen Geiseln iranische Guthaben und vom Iran bestellte wie bezahlte Waffen freizugeben. Das endgültige Abkommen wird aber erst am 19. Januar 1981 in Algier unterzeichnet. Einen Tag später, am Tag der Amtseinführung von Carter-Nachfolger Ronald Reagan, verlassen die Geiseln den Iran und fliegen über Algier nach Frankfurt. Dort werden sie unter anderem vom Privatmann Jimmy Carter empfangen.

Unter den Freigelassenen befindet sich auch Bruce Laingen, der damalige Geschäftsträger der US-Botschaft in Teheran. Er wird später Präsident der "merikanischen Schule für Diplomatie" Die Geiselnahme wird er nie vergessen, sie trübt aber auch nicht seinen Blick auf das Verhältnis der USA zum Iran: "ir werden letztlich sogar mit dem Ahmadinedschad-Regime sprechen. So sehr das auch im Moment diskreditiert sein mag. Es liegt in unserem natürlichen Interesse, mit den Iranern direkt zu reden." 30 lange Jahre habe man das nicht getan und man habe 30 lange Jahre vergeudet, so Laingen. "Ich habe mich für den Dialog mit der islamischen Regierung schon an dem Tag ausgesprochen, als ich den Iran verließ", sagt er. "An dem Tag, an dem ich dieses algerische Flugzeug bestieg um in die Freiheit zu gelangen."

Autor: Peter Philipp

Redaktion: Diana Hodali