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NSA-Affäre schlägt hohe Wellen

24. Oktober 2013

Aus Sicht aller Parteien ist durch das Abhören von Angela Merkels Handy die deutsch-amerikanische Freundschaft aufs Schwerste belastet. Die NSA soll Telefone von 35 internationalen Spitzenpolitikern überwacht haben.

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Kanzlerin Merkel mit ihrem möglicherweise abgehörten Handy 2010 im Bundestag (Foto: AFP)
Bild: MICHAEL KAPPELER/AFP/GettyImages

Wenn Freunde mithören - Merkels Empörung

Mit Empörung haben die Bundesregierung sowie Vertreter aller Parteien auf die offensichtliche Abhöraktion der USA gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel reagiert. "Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht", sagte die Kanzlerin am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. Dabei machte sie deutlich, dass das Vertrauen in den "Verbündeten und Partner" USA Schaden genommen habe: "Solches Vertrauen muss jetzt wieder neu hergestellt werden", sagte die CDU-Vorsitzende weiter.

US-Botschafter vorgeladen

Außenminister Guido Westerwelle bestellte den US-Botschafter in Berlin, John B. Emerson, ein - ein in der Nachkriegsgeschichte wohl beispielloser Vorgang. Im Auswärtigen Amt kann man sich jedenfalls an keinen anderen Fall erinnern. Es gebe keine Statistik, aber für die "jüngere und mittlere Vergangenheit" sei die Einbestellung eines US-Botschafters "definitiv nicht erinnerlich", sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Westerwelle selbst erklärte, ohne ernstzunehmende Hinweise hätte er nicht zu diesem diplomatischen Mittel gegriffen: "Wer einander vertraut, der hört sich nicht ab. Wer es dennoch tut, der belastet die Freundschaft. Auch in Washington räumte das Präsidialamt ein, dass es schwere Spannungen in "einigen Beziehungen" gebe.

US-Botschafter Emerson steigt nach dem Rapport bei Außenminister Westerwelle in seinen Dienstwagen (Foto: picture-alliance/dpa)
US-Botschafter Emerson steigt nach dem Rapport bei Außenminister Westerwelle in seinen DienstwagenBild: picture-alliance/dpa

35 Staats- und Regierungschefs ausgespäht - US-Botschaft beteiligt?

Und nicht nur bei der Bundeskanzlerin soll der US-Geheimdienst NSA gelauscht haben: Laut Berichten der britischen Zeitung "The Guardian" überwachten die Amerikaner die Kommunikation von 35 internationalen Spitzenpolitikern. Die Telefonnummern hätten die Spione von einem Beamten der US-Regierung erhalten. Der "Guardian" beruft sich erneut auf vertrauliche Dokumente des abtrünnigen US-Geheimdienstlers Erward Snowden.

Die Tageszeitungen "Süddeutsche Zeitung" und "Die Welt" berichten unterdessen, ebenfalls unter Berufung auf Papiere des Whistleblowers Snowden und auf Sicherheitskreise, dass bei dem vermuteten Spähangriff auf Merkel auch die amerikanische Botschaft in Berlin beteiligt gewesen sein könnte.

Wenn Freunde mithören - Merkels Empörung

Alle NSA-Angaben auf dem Prüfstand

In Deutschland sollen als Konsequenz nun alle bisherigen Angaben der NSA in der Affäre der vergangenen Monate neu überprüft werden. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla sagte nach einer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) in Berlin, die Bundesregierung werde nun auf eine vollständige Klärung drängen. Pofalla hob hervor, dass die US-Regierung ihr Dementi zum Abhören von Merkels Mobiltelefon "nicht für die Vergangenheit abgegeben" habe, sondern nur für die Gegenwart und Zukunft.

Unklar blieb bei der PKG-Sitzung, wie lange Merkel ausspioniert worden sein soll. Parteiübergreifend forderten die PKG-Mitglieder eine Aufarbeitung - auch zurückliegender NSA-Angaben. Das Gremium hatte sich bereits im Sommer mehrfach mit den Spähattacken der US-Geheimdienste befasst. Nachdem die USA versichert hatten, sie würden nichts unternehmen, was deutsche Interessen schädigt, hatte Pofalla die NSA-Affäre im August bereits für beendet erklärt.

Friedrich fordert von USA Entschuldigung

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich forderte eine Entschuldigung von den USA, Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) nannte das Abhören der Kanzlerin nicht hinnehmbar. Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel bezeichnete das Vorgehen der USA als "völlig inakzeptabel". Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter schloss sich der Kritik an den USA an, hielt der Bundesregierung aber auch vor, dass sie die NSA-Spähaffäre über Monate heruntergespielt habe, als es um den Vorwurf der massenhaften Überwachung von Bürgern ging. Die Linke forderte eine Sondersitzung des Bundestages.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe kündigte an, sie werde die mit der Affäre befassten Bundesbehörden um Übermittlung ihrer Erkenntnisse bitten. Dazu sei ein sogenannter Beobachtungsvorgang angelegt worden. Die Bundesanwaltschaft befasst sich bereits seit dem Sommer mit der Überwachungsaffäre. Geprüft wird in diesem Zusammenhang, ob zu Lasten Deutschlands spioniert wurde.

sti/kle/SC (afpe, dpa, rtr, APE)