1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ärger über Kunstaktion für syrische Flüchtlinge

Annika Zeitler14. Mai 2014

Eine Aktivistengruppe engagiert sich im Namen der Bundesfamilienministerin für syrische Flüchtlingskinder. Die Internetseite sieht verblüffend echt aus. Den Künstlern könnte das jetzt zum Verhängnis werden.

https://p.dw.com/p/1Bzeo
Screenshot Künstleraktion zu syrischen Flüchtlingskindern
Bild: Kindertransporthilfe/Zentrum für Politische Schönheit

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig geht diese Kunstaktion zu weit. Sie hat sich von dem erfundenen Hilfsprogramm distanziert. "Dies ist keine Internetseite und keine Aktion des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend", heißt es in einer offiziellen Mitteilung des Ministeriums.

Seit Mitte Mai existiert die Pseudoseite des Berliner Künstlerkollektivs "Zentrum für Politische Schönheit" im Netz und sucht nach Pflegeeltern für 55.000 syrische Flüchtlingskinder. Sie sollen nach Deutschland kommen, um "an einem glücklichen Leben teilzuhaben", heißt es auf der Website "Kindertransporthilfe des Bundes".

Nichts weist darauf hin, dass die Internetseite nicht echt sein könnte. Zu sehen sind Fotos einer lächelnden Manuela Schwesig, das Logo des Ministeriums und syrische Kinder, die ein Bild der Familienministerin in die Kamera halten. Alles nur geklaut: "Logo sowie Fotos und Unterschriften der Ministerin und des Staatssekretärs wurden ohne Wissen und ohne Genehmigung des Ministeriums genutzt", heißt es dazu weiter in der Pressemitteilung. Ob das Ministerium mit rechtlichen Schritten gegen die Künstlergruppe vorgeht, bleibt vorerst offen.

Soziale Netzwerke: "Eine tolle Aktion: Kunst hilft, Realitäten zu schaffen"

An der Hilfsbereitschaft der Deutschen jedenfalls würde die Aktion nicht unbedingt scheitern. "Ich weiß, ist ‚'nen Fake, aber ich finde, wenn wir alle etwas zusammenrücken, können wir real helfen - wo können wir uns melden, wir haben noch ein Zimmer frei…", schreibt ein User auf Facebook. In der Tat haben sich wohl schon einige potentielle Pflegeeltern bei der Künstlergruppe gemeldet, heißt es vom "Zentrum für politische Schönheit" im eigens für die Aktion gedrehten Werbevideo, das auf der Internetseite und auf YouTube zu sehen ist. Dort freut sich eine vermeintliche Pflegemutter über ihren neuen Schützling aus Syrien: "Statt Kinder selbst in die Welt zu setzen, kümmern wir uns um die anderen. Als dann der Anruf kam, die Kinder sind jetzt am Flughafen, hatte ich solche Herzklopfen".

Screenshot Künstleraktion zu syrischen Flüchtlingskindern
Syrische Flüchtlingskinder mit Plakaten "Danke Manuela"Bild: Kindertransporthilfe/Zentrum für Politische Schönheit

Vorbild seien die Kindertransporte der Briten, die mit ihrer Aktion im Jahr 1938 und 1939 fast 10.000 jüdische Kinder und Jugendliche vor den Nazis retteten, indem sie sie außer Land schafften.

Reaktion des Bundesfamilienministeriums vorerst offen

Für die Berliner Künstler ist ihre Aktion alles andere als Spaß, sie sehen sie als Gedankenspiel, das Realität werden könnte. "Wir haben inszeniert, was passieren würde, wenn man wirklich hilft", sagt die Künstlerin und Pressesprecherin des Projekts mit dem Pseudonym Zaina Lindner. Rund 60 Künstler hätten ein halbes Jahr an der "Pseudo"-Kampagne gearbeitet. Einige von ihnen wollten sich mit der Familienministerin Manuela Schwesig treffen. Was sie sich davon erwarten? "Dass sich die Familienministerin über unsere Soforthilfe freut."

Familienministerin Manuela Schwesig
Familienministerin Manuela SchwesigBild: Sean Gallup/Getty Images

Nach Angaben der Vereinten Nationen sind mehr als neun Millionen Menschen wegen des syrischen Bürgerkriegs auf der Flucht, mindestens die Hälfte davon Kinder. Deutschland hat bislang zwei Kontingente zur Aufnahme besonders schutzbedürftiger Syrer mit insgesamt 10.000 Plätzen gestartet. Dem "Zentrum für politische Schönheit" ist das zu wenig.

"Das Projekt zeigt auf eine geniale Weise, dass wir zu wenig tun!", heißt es in einem Kommentar bei Facebook. Kritik gibt es aber auch in den sozialen Netzwerken, wie hier auf Twitter:

Wie so oft: Kunst polarisiert. Doch die Aktion hat deutschlandweit Aufmerksamkeit bekommen. Die Öffentlichkeit wartet nun darauf, wie die Politik reagieren wird.